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Joffe

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Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

"Zeit"-Herausgeber Josef Joffe über den niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders und über die Bändigung von Guido Westerwelle.

Was sollen die Niederländer mit dem populären Populisten Geert Wilders tun – einbinden oder ausgrenzen?



Wie grenzt man eine Partei aus, die im Wahlkreis Almere als stärkste aus den Kommunalwahlen hervorgegangen ist und in Den Haag als zweitstärkste? Hier ist Wilders in einem Satz: Gegen die Eliten, „die immer noch an den Islam, an Multikulti, an den Unsinn von Entwicklungshilfe und den europäischen Superstaat glauben“. Das ist nicht Adolf & Benito, sondern ein defensiver Nationalismus, der überall in Europa in den Köpfen spukt – auch links. In Deutschland haben wir Glück: Rechts kommen seit fünfzig Jahren keine Haiders und Wilders hoch. Möge es auch in einer Zeit anhalten, da die Christkonservativen nach links ausgreifen und halb-rechts eine Angebotslücke hinterlassen.

Ein US-Ausschuss hat die Verfolgung von Armeniern im Osmanischen Reich Völkermord genannt. Stimmt der Vorwurf?

Es gab keine maschinelle Vernichtung, aber Todesmärsche, die im Ersten Weltkrieg etwa eine Million Armenier umbrachten. „Völkermord“ ist freilich eine interessenbestimmte Definition. Manche Staaten vermeiden ihn (darunter England, Schweden, Deutschland); rund zwanzig nennen den Horror beim Namen. Im Kongress werden regelmäßig solche Resolutionen verfasst, die genauso häufig auf Druck der Regierung nie das Plenum erreichen, wie er auch jetzt von Hillary Clinton ausgeübt wird. Moral ist oft eine Frage der Machtverhältnisse, und die Türkei ist ein sehr großes Land, während Armenien ein sehr kleines ist. Immerhin geben die Türken 300 000 Opfer zu, reden aber ansonsten vom „behaupteten Völkermord“.

Die entscheidenden Geheimdiensthinweise im Prozess gegen die Sauerlandgruppe kamen aus den USA. Verliert der BND im Anti-Terrorkampf an Bedeutung?

Wie kann man von einem Tipp aus dem Lande X auf die Unfähigkeit der Dienste im Lande Y schließen? Genauso könnte man FBI und CIA bedeutungslos nennen, weil sie „9/11“ nicht vorausgesehen haben. Plausibel aber ist, dass BND und Verfassungsschutz noch immer nicht den Wechsel vom Kalten Krieg hin zur islamistischen Gefahr vollzogen haben. Wie viele in den hiesigen Diensten sprechen Arabisch, Paschtun und Farsi?

Ein Wort zum Außenminister ...

Dem geht’s nicht sehr gut in den Umfragen, doch die FDP hält sich bei zehn Prozent. Die Frage, die wahrscheinlich nicht einmal Guido W. beantworten kann, ist: Will er Fundamentalopposition in der Koalition machen oder sich in der Arena bewähren, wo in Deutschland seit jeher Politik gemacht wird: mit winzigen Schritten und mühseliger Überzeugungsarbeit?

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“. Fragen: mal

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