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Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstag in Berlin.

© Rainer Jensen/dpa

Netanjahu bei Merkel in Berlin: Vom großen Friedensschluss spricht niemand mehr

Bei den deutsch-israelischen Regierungskonsultationen in Berlin betonte die Kanzlerin weiter die Notwendigkeit einer "Zwei-Staaten-Lösung", war aber wie Israels Premier wenig zuversichtlich.

Von Hans Monath

Trotz Differenzen in wichtigen Fragen wollen die Regierungen Deutschlands und Israels ihre Zusammenarbeit ausbauen und vertiefen. Gemeinsame Sicherheitsinteressen würden beide Länger momentan noch enger zusammenrücken lassen, erklärten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Dienstag zum Abschluss der sechsten deutsch-israelischen Regierungskonsultationen in Berlin.

Angesichts des Bürgerkrieges in Syrien und der Bedrohung durch die Terrormiliz "Islamischer Staat" "schwinden ein bisschen die geographischen Distanzen, und die Probleme, vor denen wir stehen, sind sehr ähnlich", sagte Merkel. Netanjahu bezeichnete sein Land als Vorposten des Westens in der Region: "Israel ist als Festung anzuerkennen, als Festung der westlichen Zivilisation im Nahen Osten." Ohne Israel wären längst weitere Millionen von Flüchtlinge nach Europa gekommen, meinte er: "Wir sind bestimmt nicht die Wurzel allen Übels im Nahen Osten."

Ungeachtet der Meinungsverschiedenheiten vor allem über die Zukunft des Nahost-Friedensprozesses zwischen Berlin und Jerusalem betonten beide Regierungschefs die einzigartige Qualität der bilateralen Beziehungen. "Wenn wir in Deutschland sind, dann wissen wir, wir sind wieder unter guten Freunden", sagte Netanjahu. Die Kanzlerin sprach die Differenzen mehrfach an und betonte die Bedeutung des Austausches: "Man muss vor allem immer im Gespräch bleiben, auch wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt."

Die Bundesregierung treibt die Sorge um, dass die rechtsgerichtete israelische Regierung eine Zwei-Staaten-Lösung mit einem eigenen Palästinenserstaat verhindern will, denn Netanjahu rückt immer mehr von diesem Ziel ab. Stattdessen treibt Israel den völkerrechtswidrigen Siedlungsbau in den 1967 besetzten Gebieten voran. Auch das sich verhärtende gesellschaftliche Klima in Israel und der harte Umgang mit Kritikern der Regierung beunruhigt Merkels Kabinett.

Jüngstes Beispiel ist ein neues Gesetz zur Kontrolle von Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs), das Israels Parlament in erster Lesung schon gebilligt hat. Organisationen, die einen Großteil ihres Geldes von ausländischen Regierungen erhalten, sollen verpflichtet werden, die Zuwendungen künftig auszuweisen. Netanjahu verteidigte das Gesetz: Es sei "eine Frage der Transparenz, nicht der Zensur".

Israels Angst vor dem Atomabkommen mit dem Iran

Merkel bekräftigte die Forderung nach einer Zwei-Staaten-Lösung. Zugleich machte sie deutlich, dass sie derzeit keine Perspektive für einen großen Wurf sieht und Zwischenschritte befürwortet: Angesichts der Lage in Nahost sei "ganz sicher nicht der Zeitpunkt, einen ganz umfassenden Fortschritt zu machen", sagte sie. Trotzdem ließen sich "an einigen Stellen" Verbesserungen erzielen. Deutschland werde bei dem Prozess hilfreich sein, vor allem, wo es um wirtschaftliche Entwicklung gehe.

Israel sieht sich durch das Atomabkommen mit dem Iran massiv bedroht, das die Bundesregierung als großen Erfolg auch der deutschen Außenpolitik feiert. Während die deutsche Wirtschaft nach dem Ende der Sanktionen auf Aufträge aus Teheran hofft, fürchtet Israel, der Iran werde Gewinne aus Geschäften zur Finanzierung anti-israelischer Terrorgruppen nutzen. Merkel versicherte, es werde "normale, freundschaftliche Beziehungen zum Iran" erst dann geben, wenn das Land Israels Existenzrecht anerkenne.

Netanjahu erteilte Verhandlungen mit den Palästinensern unter Vorbedingungen eine klare Absage: Es gebe „nur eine einzige Möglichkeit, den Frieden zu fördern, und zwar handelt es sich dabei um Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen“. Wer an eine "andere Möglichkeit" glaube, müsse einsehen, dass dies eine Rückkehr zu Verhandlungen nicht fördern könne.

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