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Politik: Vom schönen Klang der Fiskalpolitik

Politik, oh ja, ist die Kunst des politischen Kompromisses. Und die Koalition ist jene Einrichtung, die diese Kunstform zu ihrer Blüte bringt.

Politik, oh ja, ist die Kunst des politischen Kompromisses. Und die Koalition ist jene Einrichtung, die diese Kunstform zu ihrer Blüte bringt. Ein Kompromiss der großen Koalition also ist wie eine Schönberg-Kammersymphonie, dargeboten von den Berliner Philharmonikern: schräg, aber schön. Der Simon Rattle der deutschen Politik ist, so gesehen, Edmund Stoiber. Wie er jetzt ungefragt all jenen Eltern 150 Euro pro Monat versprochen hat, die ihre Kinder ab 2013 zu Hause behalten und nicht im Kindergarten abgeben – das zeigt nicht nur kreativen Mut zur Dissonanz, sondern hat auch zukunftsweisende Bedeutung: Setzt eine Hälfte der Koalition etwas gegen die Absicht der anderen Hälfte durch, darf die andere finanziell draufsatteln.

Die neue deutsche Erziehungsfrage wird also nach dem Willen Stoibers lauten: Geld oder Kindergarten? Und weil speziell bei etwas klammen Familien immer Geld gebraucht wird, beispielsweise für den noch flacheren Flachbildschirm oder die nächste Rate fürs Motorrad, wird die Antwort zweifellos häufig „Geld!“ lauten. Wundervoll: Die teuren Kitaplätze können abgebaut werden, und fundamentalistische Bischöfe dürfen sich über immer mehr Muttis freuen, die sich nicht mit diesem unweiblichen Berufskram herumschlagen, sondern Heim und Herd mit ihrer Herzenswärme füllen.

Es lassen sich leicht mehr Möglichkeiten finden, dieses Denkmodell in die politische Praxis einzuführen. Abiturienten, die darauf verzichten, die Universitäten mit ihrer Anwesenheit zu belasten, könnten mit einem Studienausfallgeld belohnt werden, Hartz-IV-Empfänger mit einer Pauschale dafür entschädigt werden, dass sie nicht mehr ihren Sachbearbeiter belästigen. Und garantiert würde eine Mehrheit der Steuerzahler bereit sein, nie wieder das Finanzamt mit einer Einkommensteuererklärung zu belasten, wenn sie dafür eine Fiskalverzichtsprämie erhielte.

Überhaupt, die lenkende Wirkung kleiner Geldspenden! Die meisten Alkoholiker würden gern aufs Saufen verzichten, wenn ihnen der Staat eine kleine Entschädigung zahlte, die Dicken würden rapide verschlanken, gäbe ihnen der Staat ein auskömmliches Frittenabschiedsgeld. Und was unsere Politiker angeht: Sollten wir ihnen nicht eine anständige Summe für den Fall anbieten, dass sie rechtzeitig mit dem Politikmachen aufhören?

Bitte? Stoiber kriegt so etwas demnächst, es heißt Pension? Da sieht man, wie zukunftsträchtig das Konzept ist.

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