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Ja, ich will. Christoph Ahlhaus.

© dapd

Von Beust vs. Ahlhaus: Aufs dicke Fell

Hamburgs Ex-Bürgermeister Ole von Beust meckert über den Nachfolger – doch Christoph Ahlhaus bleibt gelassen.

Selbstironie kann einem Politiker helfen. In Hamburg versucht Christoph Ahlhaus seine geringen Chancen auf eine weitere Zukunft als Erster Bürgermeister auch mit dieser Eigenschaft zu wahren. Er verschenkt für karitative Zwecke ein altes geringeltes T-Shirt, das er auf Spaziergängen mit seinem Vorgänger Ole von Beust trug und das ihm einst Stilkritiken im Kulturteil Hamburger Medien einbrachte. Er hält Reden, in denen er Distanz zum eigenen Tun andeutet, und er sagt gerne den Satz: „Ich habe einen dicken Bauch, aber auch ein dickes Fell.“

Innerhalb der CDU Hamburgs hat Ahlhaus’ Art durchaus eine stattliche Anzahl an Bewunderern hervorgebracht, aber beim Wähler bisher nur wenig Eindruck hinterlassen. An diesem Wochenende hat Ahlhaus zum Auftakt der heißen Wahlkampfphase bis zum 20. Februar nicht nur die täglichen Besuche auf den Wochenmärkten hinter sich gebracht, am Samstag waren es vier, sondern durfte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßen. Doch Ahlhaus, der 2004 noch Beusts genialer Wahlkampfmanager war, musste sich nun ausgerechnet von seinem ehemaligen Chef per Interview kritisieren lassen. So jedenfalls kam es an. Anscheinend will sich der im Mai aus Amtsmüdigkeit zurückgetretene Beust „noch vor der Wahl von möglicher Mitschuld an einem Wahldesaster reinwaschen“, vermutet ein CDU-Abgeordneter.

In einem Radiogespräch hatte Beust zwar seine persönliche Wertschätzung für Ahlhaus zum Ausdruck gebracht, aber auch gesagt: „Sich nur auf den eigenen Kern zu reduzieren, wird einem die Sache im Wahlkampf nicht erleichtern.“ Zur gescheiterten schwarz-grünen Koalition merkte Beust ganz unbescheiden an: Wenn er gewusst hätte, dass nach seinem Rücktritt „die Züge so aufeinander zurollen und es knallt, hätte ich es auch noch bis zum Ende der Legislaturperiode machen können“. In der CDU schüttelten viele nur ungläubig die Köpfe. Die meisten sind, wie es einer sagte, „ratlos darüber, was das sollte“. Ahlhaus selbst nimmt es gelassen, am Samstag sagte er dem Tagesspiegel: „Ich stehe schon auch zu traditionellen konservativen Werten. Aber ich weiß wie Ole von Beust auch, dass man nicht nur CDU pur durchsetzen kann.“ Ahlhaus amüsiert sich gerne über sein Image und sagt: „Wer mich kennt, weiß, dass ich kein rechtslastiger, staubtrockener Hardliner bin.“

Ohnehin war es Beust selbst, der mit seinem Rücktritt ausgerechnet an dem Tag, an dem der Volksentscheid um die viel umkämpfte Schulreform scheiterte, die ganze Koalition erst in Schieflage gebracht hatte. Die personellen Entscheidungen danach, beispielsweise die Berufung des in eine Finanzaffäre in Rheinland-Pfalz verstrickten Carsten Frigge zum Finanzsenator, gaben den Grünen den notwendigen Grund, die Koalition platzen zu lassen. Hinter den CDU-Kulissen hatte ohne Beust längst ein Machtkampf begonnen, den der Heidelberger Ahlhaus ohne Hausmacht nicht gewinnen konnte. Es war Landes- und Fraktionschef Frank Schira, der Personen durchsetzte, die nicht nur seine Hausmacht stärken, sondern auch die Verbindung zu den Grünen kappen sollten. Beust nimmt an dieser Stelle Ahlhaus in Schutz und betont, dass dieser die Koalition immer gewollt habe.

Ahlhaus hat Beust im Wahlkampf 2004 als Bürgermeister für alle, parteiübergreifend und großstadtliberal, inszeniert: „Michel, Alster, Ole“, war ein Slogan. Man kann davon ausgehen, dass Ahlhaus weiß, auf welche Inhalte ein Großstadtbürgermeister zu achten hat. Beusts Kritik an zu konservativer Ausrichtung zielt auf den zweiten Blick wohl ebenso auf Schira. Ole für alle brachte damals 47,2 Prozent. Die absolute Mehrheit.

Davon sind in den Umfragen nur noch 26 Prozent übrig geblieben. Denn Ahlhaus war zwar ein guter Wahlkampfmanager für andere, aber nun fehlt ihm vor allem die Zeit, Wähler von sich zu überzeugen. Die eigene Basis aber sieht: Da kämpft einer und geht „offen auf die Menschen zu“, wie es ein Mitglied in Langenhorn ausdrückte. Ein ehemals ranghoher Sozialdemokrat lobt sogar Ahlhaus‘ „uneitle“ Art. Aber die Grundstimmung in der Stadt, die Grundstimmung gegen die CDU und für einen Wechsel, wird Ahlhaus nicht mehr drehen können. Trotz dicken Fells.

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