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Politik: Von jedem etwas

Union und SPD suchen den goldenen Mittelweg zwischen ihren Modellen zur Gesundheitsreform

Berlin – SPD und Union wollen mit der Gesundheitsreform einen Gesundheitsfonds einführen, der auch aus Steuergeldern gespeist wird. Umstritten ist, wann und in welchem Umfang die Steuerzuschüsse fließen sollen und ob dafür auch Steuererhöhungen notwendig sind. Die Beiträge, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber in den Fonds einzahlen, sollen künftig vom Gesetzgeber festgelegt werden. Aus dem Fonds sollen die Krankenkassen einen einheitlichen Betrag für ihre Versicherten erhalten. Das geht aus einem 56-seitigen Eckpunktepapier der Gesundheitspolitiker der großen Koalition hervor, das Grundlage für die Runde der Koalitionsspitzen an diesem Sonntag ist.

Bei der Ausgestaltung des Fonds sind zentrale Elemente umstritten. Wenn eine Kasse mit den zugewiesenen Geldern nicht auskommt, muss sie ihren Versicherten Kosten sparende Tarife anbieten (etwa Hausarztmodelle oder Selbstbehalte). Reicht das nicht aus, kann sie einen Zusatzbeitrag verlangen. Die Union besteht darauf, dass dieser Zusatzbeitrag eine Prämie („kleine Kopfpauschale“) sein soll. Die SPD fordert einen prozentualen Beitrag, der sich nach dem Einkommen richtet. Ein Detail mit hohem symbolischen Wert: Die SPD fürchtet, dass Geringverdiener und Rentner zu stark belastet werden könnten, wenn der Zusatzbeitrag nicht nach dem Einkommen gestaffelt ist. Zudem hatten die Sozialdemokraten im Wahlkampf 2005 Plakate gegen die aus ihrer Sicht unsoziale Kopfpauschale der Union geklebt. Dass es nun in den Verhandlungen nur um einen „kleinen Ableger“ dieser Pauschale geht, tröstet viele in der SPD nicht.

Zwischen SPD und Union ist auch umstritten, ob die Krankenkassenbeiträge für Gutverdiener steigen sollen. Die SPD fordert, ab 2007 die Einkommensgrenze anzuheben, bis zu der Arbeitnehmer Beiträge zahlen (von 3562,50 Euro im Monat auf 3937,50 Euro). Die Union lehnt das ab. Sie fordert stattdessen, einen „moderaten Zuschlag“ zu erheben, mit dem Rückstellungen als Finanzpolster für höhere Ausgaben im Alter gebildet werden können. Die SPD fordert außerdem, dass Arbeitgeber künftig auf die gesamte Lohnsumme Beiträge zahlen. Umstritten ist, ob Privatunfälle aus dem Leistungskatalog der Kassen gestrichen werden.

Zu den Knackpunkten bei den Verhandlungen am Sonntag zählt, welchen Beitrag die Privatversicherungen (PKV) leisten sollen. Die SPD fordert, dass neue PKV-Mitglieder in den geplanten Gesundheitsfonds einbezogen werden. Das würde bedeuten, dass sie ebenso wie Kassenpatienten einen einkommensabhängigen Beitrag zahlen müssten. Die Union lehnt das strikt ab. Einig sind sich die Koalitionspartner aber darin, künftig die Wechselmöglichkeiten zwischen den privaten Versicherungen zu erleichtern. Versicherte sollen ihre Altersrückstellungen mitnehmen können, wenn sie zu einem anderen Anbieter wechseln.

Bei Medikamenten soll in Zukunft der Nutzen im Verhältnis zu den Kosten bewertet werden. Bei besonders teuren Verordnungen soll sich der Arzt eine Zweitmeinung einholen. Die Koalition will außerdem mit der Reform eine langjährige Forderung der Ärzte aufgreifen: Das bisherige Punktesystem soll abgelöst werden. Die Mediziner sollen stattdessen Honorare mit festen Euro-Preisen für ihre Leistungen erhalten.

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