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Optimismus. Der Deutsche Aktienindex erreichte am Montag neue Höhen. Foto: rtr

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Politik: Von kurzen Beinen und langfristigen Strategien

Die Aktienmärkte reagieren mit Erleichterung und Gewinnen / Vor allem die Fluggesellschaften profitierten

Berlin - Als am 11. September 2001 die Flugzeuge in das World Trade Center flogen, brachen innerhalb kürzester Zeit die Aktienmärkte ein. Die Deutsche Börse musste den Handel vorzeitig beenden, nachdem der Deutsche Aktienindex Dax um 8,5 Prozent gefallen war. Die Angst vor Terror, Krieg und einer weltweiten Rezession ließ die Anleger in Panik verfallen. Die Wirtschaft mag keine Unruhen.

Entsprechend positiv reagierten die Börsen am Montag auf die Meldung, dass Topterrorist Osama bin Laden getötet worden ist – allerdings nur kurzfristig. Die Nachricht sei für den Markt „kein so bedeutendes Ereignis“, erklärte Kapitalmarktexperte Fidel Helmer von der Frankfurter Privatbank Hauck & Aufhäuser. Marktstratege David Buik von BGC Partners sagte, die Aktienmärkte profitierten vor allem davon, dass der Ölpreis in Folge der Nachricht gesunken sei, wies aber zugleich darauf hin: „Bin Laden war ein Symbol, aber Al Qaida floriert. Das ist eine Ideologie, die mit seinem Tod nicht verschwindet.“

Der Dax stieg zwischenzeitlich um fast ein Prozent auf 7581 Punkte und notierte damit so hoch wie seit Januar 2008 nicht mehr. Auch an anderen europäischen Börsen gingen die Kurse nach oben. In Japan stieg der Leitindex Nikkei 225 erstmals seit der Erdbebenkatastrophe wieder über die psychologisch wichtige 10 000- Punkte-Marke.

Kurzfristig gewonnen haben die Fluggesellschaften, deren Geschäft bei jedem Terroranschlag leidet. So stieg der Kurs der Lufthansa zwischenzeitlich um mehr als zwei Prozent, fiel bis Handelsschluss aber wieder ins Minus. Die Fluggesellschaften sind stark vom Ölpreis abhängig – der am Montag ebenfalls nur kurz von der Nachricht von Bin Ladens Tod bewegt wurde. Die Investoren erwarteten, dass die Terrorgefahr zurückgehen werde und damit die Risikoprämie beim Ölpreis sinken könnte, hieß es in einem Marktkommentar der Commerzbank. Schon am Nachmittag aber stiegen die Preise wieder – schließlich dauern die Kämpfe im ölreichen Libyen unabhängig bin Ladens Tod weiter an.

Auch Gold und Silber waren am Montag weniger begehrt als noch vor dem Wochenende. Der Preis für die Feinunze Gold fiel um 1,5 Prozent auf rund 1540 Dollar, von einem Höchststand von 1575. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Aussichten der Wirtschaft aus Sicht der Investoren besser geworden sind. Gold gilt vielen Anlegern als sichere Alternative zu Aktien oder anderen, konjunkturabhängigen Investitionen.

Der Aktienstratege der Bremer Landesbank, Wolfgang Duwe, bezweifelt aber, dass der Tod bin Ladens an den Märkten länger wirkt. „Politische Börsen haben in der Regel kurze Beine“, sagte er. Seiner Ansicht nach dürften in den nächsten Wochen vor allem die guten Unternehmensergebnisse für steigende Kurse verantwortlich sein, genauso wie die Tatsache, dass durch die lockere Zinspolitik vieler Notenbanken immer noch reichlich Geld auf dem Kapitalmarkt vorhanden ist. Auch Deutsche-Bank-Vorstand Jürgen Fitschen rechnet mit überschaubaren Folgen des Todes von bin Laden. Zwar gebe es die Gefahr von Vergeltungsschlägen, „aber das wird schnell vorüber sein“, sagte er in Berlin. An den Finanzmärkten werde es zwar „kurzfristig ein bisschen mehr Nervosität und Sprunghaftigkeit“ geben. Von größerer Tragweite aber seien die Aufstände in den Ländern der arabischen Welt. Neben Ägypten, Libyen, Tunesien oder Syrien werde es weitere Staaten geben, in denen sich die Bürger gegen das System auflehnen würden. Dieser Prozess werde erst in ein bis zwei Jahren zur Ruhe kommen. mit dpa

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