zum Hauptinhalt

Politik: Von Spion zu Spion

US-Verteidigungsminister Gates pariert Putin. Steinmeier macht Klima zum transatlantischen Thema

Besser hätte der Einstand des neuen US-Verteidigungsminister Robert Gates auf der Münchner Sicherheitskonferenz kaum sein können. Mit einer überaus selbstironischen und in Teilen selbstkritischen Rede eroberte er die Herzen der rund 300 Teilnehmer aus Militär und Politik. So viel Humor hatten sie nicht erwartet – und quittierten die Worte des Amerikaners mehrfach mit herzhaftem Lachen und großem Applaus.

Dennoch wies Gates die Vorwürfe des russischen Präsidenten Putin, die USA betrieben Kriegstreiberei und wollten ihre Sicht der Dinge unter Missachtung des Völkerrechts allen anderen aufzwingen, deutlich zurück. Mit seinen Anspielungen zerstreute der Ex-CIA-Chef aber Befürchtungen, die USA könnten scharf und unversöhnlich auf die aggressive Rede Putins reagieren: „Viele von ihnen haben einen diplomatischen oder politischen Hintergrund. Ich habe, wie der zweite Redner gestern, eine Karriere in der Spionage. Und alte Spione sprechen eine klare Sprache“, nahm Gates in Anspielung auf die KGB-Vergangenheit Putins den Ball locker auf. Um hinterherzuschicken: „Ein Kalter Krieg war genug.“ Heute sei die Welt anders und komplexer als vor 20 Jahren, alle müssten sich gemeinsamen Problemen und Herausforderungen stellen – „in Partnerschaft mit anderen Staaten, einschließlich Russlands“. Moskau sei ein „wichtiger Partner“. Im Übrigen hätten sich die westlichen Werte gegen Kommunismus und Totalitarismus durchgesetzt.

Das Raketenschild in der Tschechischen Republik und Polen verteidigte Gates ausdrücklich, das sei eine „vielversprechende Entwicklung“. Der Tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg hatte Putin hierzu scharf kritisiert. Zu einer russischen Einflusszone dürfe nun nicht noch eine „russische Einspruchszone“ kommen. Noch sei nichts entschieden, aber der Widerspruch Moskaus festige den Standpunkt Prags eher.

Ohne seinen Vorgänger Donald Rumsfeld zu nennen, merkte Gates ironisch an, er habe gehört, dass sogar mal einige über das alte gegenüber dem neuen Europa gesprochen hätten – um diese Sicht sogleich in die Mottenkiste zu verbannen: Heute gebe es nicht mehr Alt gegen Neu, Nord gegen Süd oder Ost gegen West, heute müsse man unterscheiden zwischen den Allianzmitgliedern, die ihren Verpflichtungen nachkommen, und den anderen.

Für ihn sei klar: „Die Nato ist kein sozialer Club, in dem man redet, sondern ein militärisches Bündnis.“ Das sei politisch vielleicht nicht korrekt, aber auch hier gelte, er sei alter Nachrichtendienstler. Dann nannte Gates Zahlen: Jedes Mitgliedsland müsse zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für die Verpflichtungen aufbringen. Die Nato sei ein Bündnis reicher und starker Demokratien. In Afghanistan seien Geld und Streitkräfte nötig – beides sollten Staaten mit mehr als zwei Millionen Soldaten unter Waffen (ohne Amerika) doch aufbringen können. In Afghanistan werde für eine gerechte Sache gefochten, wenn die Nato dort scheitere, müsse sie sich „schämen“. Diese Äußerungen machten den Vorsitzenden des Bundestags-Außenausschusses, Ruprecht Polenz, hellhörig: Deutschland gebe selbst unter Einbeziehung des Außen- und Entwicklungsetats keine zwei Prozent aus, sagte er nachdenklich dem Tagesspiegel.

Selbstkritisch gestand der Minister, der erst sieben Wochen im Amt ist, ein, dass die USA durchaus „Fehler begangen haben. Daran müssen wir arbeiten.“ Früher hätten die Menschen gewusst, dass die Amerikaner zwar auch mal „was Dummes“ machten, aber grundsätzlich für das Gute und die Menschenrechte kämpfen. Um diese so wichtige soft power wieder ins Bewusstsein der Menschen zu bringen, müssen die USA es „vielleicht etwas besser hinkriegen, das zu erklären“, fügte er unter starkem Applaus hinzu.

Der deutsche Außenminister Frank- Walter Steinmeier (SPD) überraschte damit, dass er seine Rede hauptsächlich dem widmete, was er „das transatlantische Projekt des 21. Jahrhunderts“ nannte: eine internationale Energieinitiative mit dem Ziel, Forschungszeiten radikal zu verkürzen. „Europa und Amerika sollten bei Energiesicherheit und Klimaschutz ganz oben auf der Tagesordnung zusammenarbeiten.“ Diese beiden Fragen der Zukunft seien zwei Seiten einer Medaille. Wer die transatlantische Partnerschaft wieder in die Herzen der Menschen bringen wolle, müsse hier kooperieren, mahnte er die USA. Als Steinmeier betonte, für einige dieser neuen Sicherheitsfragen sei die Nato als Gremium „weniger geeignet“, horchte mancher im Festsaal des Bayerischen Hofs auf und fühlte sich an die 2005 von Peter Struck vorgetragene Rede von Ex-Kanzler Gerhard Schröder über die Rolle der Nato erinnert, die große Irritationen ausgelöst hatte. Konferenzveranstalter Teltschik fragte Steinmeier, ob der Außenminister jetzt dem Umweltminister Konkurrenz machen wolle.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false