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Politik: Von zwölf auf neun

Ein weiterer Abgeordneter verlässt NPD-Landtagsfraktion in Dresden

Berlin/Dresden - Mit Jürgen Schön aus Leipzig hat ein dritter sächsischer NPD-Abgeordneter die Landtagsfraktion verlassen. Der 57-Jährige, der von 1990 bis 1992 erster NPD-Landeschef in Sachsen war, hatte seinen Entschluss Parlamentspräsident Erich Iltgen am Donnerstag mitgeteilt. Der gelernte Schriftsetzer und Expedient, der seit 1995 hauptamtlich für die NPD arbeitete, bat um Schutz vor Übergriffen durch Rechtsradikale.

Zuvor waren bereits Klaus Baier und Mirko Schmidt aus der NPD-Fraktion ausgetreten, die nun noch über neun Abgeordnete verfügt. Alle drei Abtrünnigen wollen als fraktionslose Abgeordnete im Landtag bleiben. Der NPD gehen nun nicht nur Sitze in Präsidium und Ausschüssen, sondern auch beträchtliche Fraktionsgelder verloren. Die Partei will die neu entstandene Lage auf einem Sonderparteitag am 29. Januar 2006 beraten.

Sächsische Christdemokraten wiesen unterdessen Äußerungen der PDS zurück, wonach die CDU wegen der fraktionslosen Abgeordneten ein „erhebliches Druckpotenzial“ gegenüber der SPD in der nicht unproblematischen schwarz-roten Koalition habe. Denn schon mit einer zusätzlichen Stimme hätte die CDU gemeinsam mit der FDP die Landtagsmehrheit. Auch der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, warnte die Union davor, abtrünnige NPD-Abgeordnete „mit offenen Armen zu empfangen“. Zwar gestehe er auch Irrläufern das Recht zu, ihre politischen Ansichten zu korrigieren. „Die Demokratie darf hier aber keine Kompromisse machen“, sagte er dem Tagesspiegel.

Der sächsische CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer erklärte, der Austritt der NPD-Leute „stärkt die Demokratie und die bestehende Koalition“. Wechselnde Abstimmungen im Landtag seien undenkbar, weil das guten parlamentarischen Brauch verletze und das Ende der Koalition bedeuten würde. Dies sei „kein Thema“, sagte er dem Tagesspiegel. Der CDU-Landtagsabgeordnete und ehemalige sächsische Innenminister Heinz Eggert sagte: „Wenn einer von denen in die Unionsfraktion aufgenommen würde, würde ich austreten. Sie sind demokratisch auf der Liste einer undemokratischen Partei gewählt worden.“ Es gebe „keinerlei Anlass“, sie in die CDU-Fraktion aufzunehmen. Spekulationen darüber seien „Stimmungsmache“. Auch der Sprecher der FDP-Fraktion, Andreas Novak, sagte, der Vorgang offenbare lediglich den „Erosionsprozess“ der NPD. Zu einer möglichen Aufnahme ehemaliger NPD-Abgeordneter in die FDP-Fraktion sagte er: „Die Frage stellt sich nicht.“ Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Martin Dulig, gab sich „völlig gelassen“: „Die Koalition steht.“

Der Sprecher des sächsischen Verfassungsschutzes, Alrik Bauer, wies Vermutungen zurück, die Behörde habe die NPD-Leute aktiv abgeworben. Alle drei hätten von sich aus den Entschluss gefasst. Der Verfassungsschutz sei lediglich im Rahmen des Aussteigerprogramms beratend tätig geworden. Schön habe keinen Kontakt zum Verfassungsschutz gesucht. Schmidt habe nach dem Ausstieg um Beratung und Unterstützung gebeten und Beier habe sich an die Polizei gewandt.

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