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Politik: Vor der nächsten Welle

Bei Frankreichs Parlamentswahlen kann Sarkozy mit einer massiven Mehrheit seiner Partei rechnen

Eigentlich ist das Rennen schon gelaufen. Fünf Wochen nach seiner Wahl zum Staatspräsidenten kann Nicolas Sarkozy auch bei der am Sonntag beginnenden Parlamentswahl auf einen klaren Sieg hoffen. „Alles deutet darauf hin, dass die Regierungspartei UMP eine komfortable Mehrheit in der Nationalversammlung erhalten wird“, sagt Brice Teinturier vom Umfrageinstitut TNS-Sofres voraus. Ähnlich lauten die Prognosen der anderen Institute zu dem Urnengang, der in einer Woche mit Stichwahlen in den Wahlkreisen endet, in denen sich an diesem Sonntag kein Kandidat mit absoluter Mehrheit durchsetzt.

Nach den Meinungsumfragen wollen bis zu 42 Prozent der Befragten für die UMP stimmen. 30 Prozent gaben an, ihr Kreuzchen bei den oppositionellen Sozialisten machen zu wollen. Nach dem geltenden Mehrheitswahlrecht würde ein solcher Vorsprung für die UMP eine Mehrheit von 400 bis 430 der insgesamt 577 Sitze in die Nationalversammlung bedeuten. Bisher stellte die Regierungspartei 359 Abgeordnete. Die Sozialisten kämen auf 100 bis 130 Mandate. Der Rest würde auf der Grundlage der Prognosen auf die geschrumpften Parteien des Zentrums, der Kommunisten und der Grünen entfallen.

Angesichts dieser Perspektive entbehrte der Wahlkampf jeglicher Spannung. Schon ist, in Anlehnung an die UMP-Farben, von einer „blauen Welle“ die Rede. Die Sozialisten warnten vor einer „Allmacht“ von Präsident Sarkozy. Das Parlament werde bei einer überragenden UMP-Mehrheit nur noch zum Abnicken von Regierungsvorlagen gebraucht, mahnten sie. Dem hielt das Regierungslager entgegen, dass sich derzeit 20 der 22 Regionen und die Hälfte der Départements in der Hand der Linken befänden.

Den voraussichtlichen Stimmenzuwachs für die UMP erklärt der Meinungsforscher Teinturier mit der auch bei früheren Wahlen beobachteten Neigung der Wähler, ihre Stimmabgabe bei der Präsidentenwahl durch ihr Votum in der anschließenden Parlamentswahl zu bestätigen. In diesem Sinn hatte Sarkozy auch mehrmals an die Wähler appelliert, um die Mittel zur Durchsetzung seines Regierungsprogramms in die Hand zu bekommen. Mit ersten politischen Entscheidungen hat Sarkozy seinen Reformwillen unterstrichen – so bei seinem Plan, Überstunden von Steuern und Abgaben zu befreien. Mit der Aufnahme von Sozialisten und Zentristen in die Regierung und mit unkonventionellen Auftritten in der Öffentlichkeit gab er sich zudem das Image eines modernen Machtmanagers. 65 Prozent der Franzosen – zwölf Prozentpunkte mehr als sein Stimmenanteil bei der Präsidentenwahl – zeigen sich mit ihrem neuen Präsidenten zufrieden.

Dieser Stimmung haben die Sozialisten personell und programmatisch wenig entgegenzusetzen. Vom Schock der Niederlage ihrer Kandidatin Ségolène Royal haben sie sich noch nicht erholt. Die Vorwürfe, mit denen sich die Parteiführer gegenseitig eindeckten, sind zwar verstummt. Doch die Auseinandersetzung um die künftige Führung und die neue ideologische Ausrichtung der Partei wurde nur verschoben. François Hollande, seit zehn Jahren amtierender Parteichef, hat zum nächsten Kongress 2008 seinen Rücktritt von der Parteispitze angekündigt. Je nach Ausgang der Parlamentswahl könnte er zu diesem Schritt jedoch schon früher gezwungen werden. Schon jetzt hat Royal, im Privatleben Hollandes Lebenspartnerin, ihren Anspruch auf die sofortige Übernahme der Parteiführung angemeldet. Dies sei der „einzige Weg der Erneuerung“, sagte sie.

Wie schon bei der Präsidentenwahl zeichnet sich jetzt auch bei der Parlamentswahl eine Verstärkung des Trends zum Zwei-Parteien-System ab. Der Zentrumsführer François Bayrou, der bei der Präsidentenwahl auf 18 Prozent der Stimmen kam, hat nach der Spaltung seiner Partei kaum Chancen, seinen Erfolg zu wiederholen. Seine Neugründung Mouvement Démocrate (MoDem) tritt zwar in 535 Wahlkreisen an. Doch ohne Wahlabsprachen dürfte sie allenfalls sechs Kandidaten durchbringen. Etwas besser könnten die zu Sarkozy übergelaufenen Politiker aus der Mitte abschneiden, die nun als „Neues Zentrum“ antreten. Die Partei kandidiert zwar nur in 80 Wahlkreisen, kann aber dabei in mindestens 20 Fällen auf die UMP als Steigbügelhalter zählen. Den bisher in Fraktionsstärke vertretenen Kommunisten droht derweil an diesem Wahlsonntag ein weiterer Niedergang.

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