zum Hauptinhalt
Erdogan

© dpa

Vor der Präsidentenwahl in der Türkei: Erdogan bekämpft seine Kritiker

Dutzende Polizisten werden in der Türkei unter dem Vorwurf der Spionage festgenommen – und das soll aus Sicht von Ankara erst der Anfang sein.

Kurz vor der türkischen Präsidentenwahl am Sonntag verstärken die Sicherheitsbehörden den Druck auf mutmaßliche Gegner der Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan im Staatsapparat. Mehr als 30 Polizisten wurden am Dienstag festgenommen, nachdem schon im Juli Dutzende Beamte wegen angeblicher Beteiligung an Abhöraktionen gegen die Regierung hinter Gitter kamen. Ein regierungstreuer Staatsanwalt ließ sich mit der Bemerkung zitieren, wenn es sein müsse, würden wie beim Militärputsch von 1980 eine halbe Million Menschen ins Gefängnis gesteckt.

Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu warf Erdogan vor, die neuen Festnahmen absichtlich kurz vor dem Wahltag angeordnet zu haben. Justizminister Bekir Bozdag betonte dagegen, es handele sich um eine Initiative der Justiz, nicht der Regierung. Für eine ähnliche Aktion gegen mutmaßliche Regierungsgegner in der Justiz gebe es derzeit keine Pläne. Die Operation vom Dienstag bildete eine Fortsetzung früherer Aktionen gegen die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen, der von Erdogan als Staatsfeind betrachtet wird.

Laut Erdogan haben Gülens Anhänger parallele Strukturen in Polizei und Justiz aufgebaut und wollen die Regierung stürzen; Gülen, ein früherer Unterstützer Erdogans, weist dies zurück. Erdogan selbst hat angekündigt, im Falle eines Sieges bei der Präsidentenwahl mit neuer Härte gegen die Gülen-Bewegung vorzugehen. Ein an den Ermittlungen gegen die Bewegung beteiligter Staatsanwalt sagte der Zeitung „Habertürk“, es handele sich um eine Organisation, deren Drahtzieher im Ausland säßen. Notfalls würden die Sicherheitsbehörden wie nach dem Putsch von 1980 hunderttausende Menschen festnehmen, sagte der Staatsanwalt, dessen Name nicht genannt wurde. „Wenn es notwendig ist, wird dieser Staat dies wieder tun, um sich zu schützen“, erklärte er. Nach dem Staatsstreich von 1980 waren viele Unschuldige in Haft gekommen und gefoltert worden.

Gegner von Regierungschef Erdogan forderten die Entlassung des Juristen. Für solch eine Auffassung dürfe es in der Justiz keinen Platz geben, sagte Ertugrul Yalcinbayir, ein Mitgründer der Erdogan-Partei AKP, der sich zu einem Kritiker des Premiers gewandelt hat.

Erdogan liegt in Umfragen zur Präsidentenwahl klar vorn

Erdogan liegt in den Umfragen zur Präsidentenwahl mit rund 55 Prozent der Stimmen weit vor seinen Mitbewerbern. Sollte er dennoch an der 50-Prozent-Marke scheitern, muss er sich am 24. August einer Stichwahl stellen.

Kilicdaroglus Oppositionspartei CHP veröffentlichte unterdessen neue Vorwürfe gegen Erdogans Sohn Bilal, der Anfang des Jahres bereits im Zusammenhang mit den Korruptionsvorwürfen gegen die Regierung und deren Umfeld genannt worden war. Laut CHP war Bilal auch an Gesprächen über eine Stärkung islamischer Stiftungen und Schulen im Bildungssektor beteiligt, obwohl der Sohn des Ministerpräsidenten kein öffentliches Amt bekleidet.

Im Staatsapparat Widerstand gegen Kurs der Regierung

Im Staatsapparat stößt die Linie der Erdogan-Regierung offenbar auf Widerstand. Ein sehr gut informierter Twitter-Nutzer warnte in der Nacht vor der bevorstehenden neuen Festnahmewelle. Der Nutzer mit dem Namen „Fuat Avni“ hatte bereits mehrmals Dinge ausgeplaudert, die Erdogan schlecht aussehen ließen. In der Nacht zum Dienstag erreichten die Behörden in Ankara, dass das Konto im Kurznachrichtendienst gesperrt wurde. Doch der Unbekannte tauchte am Morgen mit einem neuen Twitter-Konto wieder auf.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false