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Vorratsdatensammlung: Bei Anruf Speicherung?

Das Gesetz zur Vorratsdatensammlung tritt am 1. Januar in Kraft. Gegner legen beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Beschwerde ein. Was nützt dieser Eilantrag?

Kaum hat Bundespräsident Horst Köhler das umstrittene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung unterzeichnet, ist klar: Auf das Bundesverfassungsgericht kommt Arbeit zu. Schon in den ersten Januartagen des neuen Jahres werden sich die Karlsruher Richter damit befassen müssen. Ab dem 1. Januar sollen alle Verbindungsdaten von Festnetz- und Handyanrufen erfasst und von den Telekommunikationsunternehmen ein halbes Jahr lang gespeichert werden. Der „Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung“ will hiergegen die „größte Verfassungsbeschwerde in der Geschichte“ einlegen. Mit 25 000 Unterstützerunterschriften. Zusätzlich soll ein Eilantrag gegen das „Überwachungsgesetz“ gestellt werden. Die geplante Datensammlung müsse durch eine einstweilige Anordnung verhindert werden, sagte der Sprecher der Initiative, Cristof Remmert-Fontes, dem Tagesspiegel.

Würde dem Eilantrag entsprochen, wäre die halbjährige Speicherung von Telefonverbindungsdaten bis zur Entscheidung über die Hauptsache erst einmal gestoppt. Würde der Eilantrag abgelehnt, könnte die Speicherung zunächst erfolgen. Erst im Hauptsacheverfahren würde dann entschieden, ob die Maßnahme verfassungswidrig ist oder nicht. Über Eilanträge entscheidet das Bundesverfassungsgericht unverzüglich. Angesichts der Feiertage ist bis Mitte Januar damit zu rechnen.

Nicht nur die Bürgerinitiative, auch FDP-Politiker haben eine Verfassungsbeschwerde gegen die massenhafte Datenerfassung angekündigt. Der frühere Bundestagsvizepräsident und Rechtsanwalt Burkhard Hirsch (FDP) wird die Eingabe von insgesamt 14 Personen vertreten. Unter ihnen die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum sowie der Kieler Fraktionschef Wolfgang Kubicki und Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms. Einen Eilantrag will Hirsch entgegen früherer Medienberichte aber nicht stellen.

Die Beschwerdeführer halten es für verfassungswidrig, dass die Telefondaten von Bürgern ohne Verdacht erfasst werden und ein halbes Jahr bei den Telefonunternehmen lagern. Auch Telefonate von Anwälten, Ärzten und Journalisten dürfen unter bestimmten Bedingungen abgehört werden. Die innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Pilz, erklärte, die verdachts- und anlassunabhängige Speicherung der Telekommunikationsverbindungsdaten aller Bürger lege „die Axt an die Grundpfeiler unseres Rechtsstaates“. Das Gericht müsse klären, ob „die millionenfache Überwachung aller Menschen in Deutschland“ mit der Verfassung vereinbar sei. „Denn wem Sie per SMS, Anruf oder Mail zum neuen Jahr viel Glück wünschen, wird sechs Monate lang gespeichert. Damit sind Ihre Kontakte – ob im Freundeskreis oder geschäftlich – künftig nicht mehr Ihre Privatsache.“

Das Gesetz sieht Folgendes vor: Kommt es zu einem Ermittlungsverfahren und ordnet ein Richter die Überprüfung an, werden die Verbindungsdaten an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet. Übermittelt wird, wer wann welche Nummer angerufen hat. Außerdem wird die Dauer des Gesprächs erfasst, bei Handys auch der Standort des Anrufers. Ab 2009 sollen zusätzlich Internetverbindungen erfasst werden. Bei dem umstrittenen Gesetz handelt es sich um die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Aber auch die wird von Irland vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg angegriffen.

Die Vorratsdatenspeicherung ist der Beginn einer Serie von Entscheidungen zur inneren Sicherheit, die das Verfassungsgericht in den nächsten Monaten treffen wird: Im Februar und März stehen wegweisende Urteile zur Online-Durchsuchung und automatischen Nummernschilderfassung von Autos bevor.

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