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Hillary Clinton am Vorabend der Vorwahl bei einer Wahlkampfveranstaltung in Las Vegas, Nevada, USA.

© Mike Nelson/dpa

Update

Vorwahlen in Nevada und South Carolina: Clinton und Trump siegen, Bush gibt auf

Mit 52 zu 48 Prozent lässt Hillary Clinton bei der dritten Vorwahl der Demokraten Bernie Sanders hinter sich. Trump triumphiert deutlich bei den Republikanern. Was bedeutet das für den Wahlkampf?

Mit je zwei Siegen in den ersten drei Vorwahlen haben Hillary Clinton bei den Demokraten und Donald Trump bei den Republikanern ihren Favoritenstatus unterstrichen. Clinton gewann die demokratische Vorwahl in Nevada am Sonnabend mit 52,7 Prozent gegen Bernie Sanders. (47,2 Prozent). Bei der parallelen republikanischen Vorwahl in South Carolina behielt Trump mit 32,5 Prozent die Oberhand vor Marco Rubio (22,5), Ted Cruz (22,3), Jeb Bush (7,8), John Kasich (7,6) und Ben Carson (7,2). Jeb Bush erklärte noch vor Ende der Auszählung, dass er seine Bewerbung um das Weiße Haus aufgebe.

Welche Stärken und Schwächen zeigen die beiden Demokraten?

Die Abstimmung in Nevada war für die Demokraten die erste in einem Staat mit hohem Minderheitenanteil. Einwanderer aus Lateinamerika stellen rund 29 Prozent, Afroamerikaner neun Prozent. Beide Gruppen sind strategisch wichtig für einen Sieg der Demokraten in der Hauptwahl im November. Clinton wollte beweisen, dass nur sie für Latinos und Schwarze attraktiv ist, Sanders hingegen Schwierigkeiten hat, die Minderheiten für sich zu gewinnen. Laut Wählerbefragungen gewann Clinton über drei Viertel der afroamerikanischen Stimmen. Das war entscheidend für ihren Gesamtsieg.

Wer hat am meisten Auftrieb?

Clinton hat eine für sie hochgefährliche Dynamik mit dem Sieg in Nevada verlangsamt. Hätte sie nach New Hampshire erneut verloren, hätte sich die öffentliche Wahrnehmung, wer der Favorit ist, von ihr zu ihm verschoben. Doch auch in Nevada kann Sanders erneut darauf verweisen, dass er oberhalb und sie unterhalb der Erwartungen abgeschnitten hat. Sanders bekam in Nevada mehr Stimmen von Latinos als sie, meldeten US-Medien auf der Grundlage von Wählerbefragungen. Clintons Kampagne bestreitet das allerdings. Auch ihren Vorteil bei der nationalen Bekanntheit hat er abermals mit einem energischen Wahlkampf egalisiert. Clinton hatte in den Umfragen für Nevada bis vor wenigen Wochen deutlich geführt. Sanders war bis zu seinem starken Abschneiden in der ersten Vorwahl in Iowa – Clinton gewann dort nur ganz knapp – und seinem Kantersieg mit 22 Prozentpunkten Vorsprung bei der zweiten Abstimmung in New Hampshire kein national eingeführter Spitzenpolitiker. In dem Maße, in dem der 74-jährige Parteilinke sich und seine Botschaft einer gerechteren Sozial-, Steuer- und Wirtschaftspolitik bei Wahlkampfauftritten in Nevada bekannt machte, verringerte er ihren Vorsprung.

Wenige Tage vor der Wahl hatten einige Beobachter den Eindruck, Clinton finde sich mit einer erneuten Niederlage in Nevada ab und blicke bereits auf die nächste Vorwahl der Demokraten am 27. Februar in South Carolina. Dort hält sie sich wegen des hohen schwarzen Bevölkerungsanteils für unschlagbar. Afroamerikaner zeigen bisher keine Neigung, in Scharen zu Bernie Sanders überzulaufen, der sich selbst als „Sozialist“ bezeichnet.

Neben der Loyalität der Schwarzen zu Clinton war ihr Rückhalt unter Gewerkschaftern entscheidend für ihren Erfolg. Die „Culinary Workers Union“, die Organisation der Restaurantbediensteten, sprach zwar keine Wahlempfehlung für sie aus. Aber Harry Reid, der aus Nevada stammende Fraktionsführer der Demokraten im Senat, vermittelte eine Einigung darauf, dass gewerkschaftlich organisierte Mitarbeiter der Casinos in Las Vegas den „Caucus“, wie die in Nevada praktizierte Abstimmung in einer Wählerversammlung heißt, während ihrer bezahlten Arbeitszeit abhalten durften. Clinton gewann dann auch in den Casinos mit hohem Vorsprung. Sie war dort zuvor mit der Sängerin Britney Spears aufgetreten.

Eine weitere Besonderheit: In Nevada ist die Prostitution erlaubt. 500 Sex-Arbeiterinnen, vorwiegend aus Bordellen in Carson City, warben unter dem Slogan „Hookers 4 Hillary“ für Clinton.

Was sind die Streitpunkte zwischen Clinton und Sanders?

Die Botschaft ist dieselbe geblieben, Clinton kleidet sie aber in eine andere Sprache. „Amerikaner haben allen Grund, zornig zu sein“, nimmt sie die verbreitete Stimmung auf, ehe sie wie bisher schon Zweifel säht, ob Sanders in der Lage sei, einen Politikwechsel herbeizuführen. „Wir sollten hungrig sein nach realistischen Lösungen.“ Sie verwendet nun die Worte „wir“ und „uns“, um ihre Wähler einzubeziehen. Früher hatte sie meist in der Ich-Form darüber gesprochen, welche Ziele sie verfolgt und was sie als Politikerin bereits durchgesetzt habe.

Bernie Sanders hat die Kernpunkte seiner Auftritte kaum verändert. Er verspricht eine Revolution von unten, der sich immer mehr Amerikaner anschließen. „Wir haben den Rückenwind.“ Im Mittelpunkt seiner Rede stehen weiterhin die Angriffe auf die Wall Street und der Vorwurf, dass Amerikas Wirtschaftssystem zu Gunsten der Reichen manipuliert sei.

Möglicherweise war das eine zu abstrakte Botschaft in Nevada. Clinton-Anhänger benennen sehr konkrete Erwartungen, oft in spanisch-englischem Mischmasch: „Sie wird das Einwanderungsrecht ändern.“ – „Sie wird die Wirtschaft ankurbeln.“ – „Sie wird überhaupt ,todo’ (alles) umkrempeln.“ Und: „Sie ist eine ,mujer’, eine Frau.“

Wie wirkt sich Jeb Bushs Ausscheiden auf das Rennen der Republikaner aus?

Die Lage bei den Konservativen ist komplizierter als bei den Demokraten. Zuletzt konkurrierten sechs Bewerber um die Stimmen. Die Republikaner hielten ihre Vorwahl am Sonnabend in einem Südstaat ab: South Carolina.

Er bot für Jeb Bush die letzte Rettungsleine. Die Südstaaten sind ein Terrain, das nach traditioneller Auffassung günstig für die Bush-Familie ist. Im Süden waren die Brüder beliebte Gouverneure, George W. in Texas, Jeb in Florida. Im Süden genoss Präsident George W. auch dann noch hohes Ansehen, als seine Zustimmungsraten anderswo in den USA in Folge des Irakkriegs und der schweren Finanzkrise zum Ende seiner Amtszeit in den Keller gerauscht waren. Doch George W.'s Wahlkampfhilfe für Jeb hatte in South Carolina keine messbare Wirkung. Nach einem sechsten Platz in Iowa und einem vierten in New Hampshire reichte es auch in South Carolina nur für Platz vier für Jeb Bush – zu wenig, um den Spendern, den freiwilligen Helfern und sich selbst einen Weg aufzuzeigen, wie er die Nominierung noch gewinnen kann.

Sein letzter Akt der Souveränität: Er wartete nicht ab, bis die Spenden versiegen. Er selbst erklärte seine Kampagne in der Nacht zu Sonntag für beendet. Da stand noch nicht einmal fest, wie er abgeschnitten hatte – nur dass der Abstand zum Sieg oder wenigstens dem zweiten Platz erschreckend groß war.

Damit verändert er die Kalkulation im weiteren Rennen. Die Stimmen in den republikanischen Vorwahlen teilen sich auf drei Lager auf: erstens die Anhänger des unkonventionellen Kandidaten Donald Trump; er nutzt ähnlich wie Rechtspopulisten in Europa den verbreiteten Ärger über gesellschaftliche Ungerechtigkeiten, die scheinbar straflose Missachtung von Regeln und Gesetzen und die Angst vor ökonomischer Konkurrenz durch Zuwanderer sowie Billiglöhner im Ausland. Zweitens eine Koalition aus der religiösen Rechten und erzkonservativen Stammwählern. Sie stimmen bisher überwiegend für Ted Cruz, Senator aus Texas, und für den schwarzen Neurochirurgen Ben Carson. Drittens der ideologisch moderate Wirtschaftsflügel.

Die dritte Strömung ist eigentlich die relativ größte. Ihr Kandidat wäre der Favorit für die offizielle Nominierung, wenn sich ihre Anhänger auf einen einzigen Bewerber einigen könnten. Donald Trump wirkt mit seinen 30 bis 34 Prozent deshalb so dominant, weil sich die Stimmen für die Moderaten auf mehrere Kandidaten aufspalten. Addiert man ihre Prozentanteile, lag diese Strömung bei allen drei Vorwahlen bisher vor Trump.

Jeb Bush hat daraus die Konsequenz gezogen und aufgegeben, wie zuvor Chris Christie und Carly Fiorina. Hätte er es nicht getan, hätte der öffentliche Druck zugenommen, dass die weniger erfolgreichen Bewerber Platz machen sollen für den aussichtsreichsten Kandidaten.

Wer ist jetzt der gefährlichste Rivale für Donald Trump?

Bisher war das Ted Cruz. Er gewann die erste Vorwahl in Iowa mit 28 Prozent und lehrte Trump, dass nicht die Führung in Umfragen ausschlaggebend ist; und dass Wahlen nicht ohne eine schlagkräftige Organisation am Boden zu gewinnen sind. In New Hampshire siegte Trump mit deutlichem Abstand. Aber auch dort hielt Cruz mit einem ordentlichen dritten Platz den Anschluss. Das wiederholte sich nun in South Carolina. Zählt man die Stimmen für Cruz und Carson zusammen, reicht das für einen Anteil von bis zu 30 Prozent. Das liegt nahe am Potenzial, das Trump bisher erreichte.

Mit Jeb Bushs Ausscheiden wird nun sein früherer Zögling Marco Rubio, Senator von Florida, zum Favoriten des moderaten Flügels. Er hatte in Iowa einen überraschend starken dritten Platz belegt. In New Hampshire hatte er nach einem peinlichen Patzer in einer TV-Debatte geschwächelt – er wiederholte vier Mal nahezu wortgleich eine Attacke auf Präsident Obama und wirkte wie ein Sprechautomat. Doch mit seinem zweiten Platz in South Carolina hat er das vergessen gemacht. Ihm half das „Endorsement“ durch die populäre, aus Indien stammende Gouverneurin Nikki Haley.

Der moderate Flügel kann im landesweiten Durchschnitt auf 40 und mehr Prozent hoffen. Je nachdem, wie lange zwei Moderate im Rennen bleiben – neben Rubio der Gouverneur von Ohio, John Kasich, der mit einer positiven Botschaft und sympathischem Auftreten wirbt – dürfte mit der Zeit ein moderater Kandidat eher die Chance haben, Trump zu überholen als Cruz. Der hat sich durch arrogantes Verhalten viele Feinde in der Partei gemacht.

Bereits am kommenden Dienstag messen Rubio und Cruz ihre Kräfte in einer Wählergruppe von potenziell strategischer Bedeutung. Dann folgt die republikanische Vorwahl in Nevada. Wie bei den Demokraten am Sonnabend rückt die Anziehungskraft der Kandidaten auf Latino-Wähler in den Mittelpunkt. In den beiden letzten Präsidentschaftswahlen gaben sie mit den Ausschlag für Barack Obamas Siege. Rund drei Viertel der Latino-Wähler stimmten für ihn. Republikaner müssen ein besseres Ergebnis unter Latinos erzielen, um die Hauptwahl zu gewinnen. Rubio und Cruz sind beide kubanischer Abstammung – und wollen beweisen, dass sie dazu fähig sind.

Sieger unter Vorbehalt: Lesen Sie hier einen Kommentar unseres Amerika-Kenners Christoph von Marschall zu den Erfolgen Clintons und Trumps.

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