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Auf Europatour. Vor seiner Visite in Berlin stattete der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao (Mitte) einen Besuch in Großbritannien ab.

© AFP

China und Deutschland: Wachsendes Interesse auf beiden Seiten

Mit den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen schlagen beide Länder ein neues Kapitel auf. Neben Wen Jiabao nehmen 13 Minister aus Peking an diesem Austausch auf Kabinettsebene teil.

Von Hans Monath

Berlin - Den hohen Gast aus der kommunistischen Groß- und Wirtschaftsmacht hatte die Bundeskanzlerin an einen Ort großbürgerlicher Repräsentationskultur geladen. Am Montagabend empfing Angela Merkel den chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao in der Villa Liebermann am Wannsee. In dem inmitten eindrucksvoller Blumenrabatten gelegenen Sommersitz des impressionistischen Malers fand für Wen Jiabao ein Abendessen in kleinem Rahmen statt.

In kunstsinniger Umgebung sollte es nach dem Willen der Deutschen auch um harte Themen wie Wirtschafts- und Währungsfragen, die von China blockierten UN-Sanktionen gegen Syrien oder die Lage der Menschenrechte im Reich der Mitte gehen. Das Treffen in der Villa Liebermann war nur der Auftakt zu den ersten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen am heutigen Dienstag. Neben Wen Jiabao nehmen 13 Minister aus Peking an diesem Austausch auf Kabinettsebene teil, den China sonst mit keiner anderen Regierung unterhält.

Schon das zeigt die besondere Wertschätzung Pekings für das größte Land Europas, die mit den Regierungskonsultationen nun in einer neue Phase treten. Sogar ein Weißbuch mit einer Regierungsbilanz der Beziehungen zu Deutschland veröffentlichte China nun. Die Bundesregierung wiederum hat großes Interesse am Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu dem Land, dessen Ökonomie jährlich um rund zehn Prozent wächst, und will die Zusammenarbeit auf vielen Politikfeldern dauerhaft intensivieren, weil auch der außenpolitische Einfluss des Schwellenlandes rasant zunimmt. Deutschland hält Regierungskonsultationen bislang nur mit Frankreich, Russland, Polen, Israel und Indien ab.

Kurz vor dem Termin waren in China der Künstler Ai Weiwei und der Bürgerrechtler Hu Jia freigelassen worden. Ai Weiwei bleibt allerdings unter Anklage und darf Peking nicht verlassen. Regierungssprecher Steffen Seibert begrüßte die Freilassungen am Montag als „positive Entwicklung“. Einschätzungen, ob dies ein Zeichen des guten Willens vor dem Deutschland- und Europabesuch Wen Jiabaos sei, wollten deutsche Regierungskreise am Montag nicht abgeben. Die Menschenrechte und der Umgang Pekings mit Regimekritikern würden gegenüber den Gästen angesprochen, hieß es. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) kündigte vor dem Treffen an, er werde auch offen die Menschenrechte thematisieren. Die Beziehungen seien mittlerweile so „tief und tragfähig“, dass auch Meinungsunterschiede ausgetragen werden könnten, meinte er im ZDF. Offen war am Montag, ob die Kanzlerin das Thema nur intern oder auch öffentlich ansprechen würde. Es sei im Fall von Repressalien gegen Regimekritiker nicht immer am effektivsten, die Menschenrechtsverletzungen „individuell, öffentlich und laut“ zu brandmarken, hieß es in Regierungskreisen.

Auch ein Zusammentreffen mit Wirtschaftsvertretern ist geplant. Deutsche und Chinesen wollen 22 politische Vereinbarungen und 14 Wirtschaftsverträge im Umfang von mehreren Milliarden Euro unterzeichnen. Möglicherweise werde auch eine Einigung über die Bestellung von 62 Airbus-Maschinen erzielt, hieß es in Regierungskreisen.

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