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Gordon Brown: Erst der Fauxpas, dann die Entschuldigung.

© dpa

Wählerin beleidigt: Brown leistet sich Fauxpas im britischen Wahlkampf

Großbritanniens Premierminister Gordon Brown bezeichnet eine 65-jährige Rentnerin im Fernsehen als "bigotte Frau", weil er denkt die TV-Mikrofone sind schon ausgeschaltet. Waren sie aber nicht.

London - Der Versuch des britischen Premierministers Gordon Brown, sich im Wahlkampf „echten Wählern“ und nicht nur von Parteiorganisatoren ausgewählten Diskussionspartnern zu stellen, könnte ihn die Wahl am 6. Mai gekostet haben. Nach einer intensiven Diskussion mit einer 65-jährigen Rentnerin verabschiedete sich Brown am Mittwoch herzlich: „Es war sehr schön, sie zu treffen.“ Aber als er sich in seine Limousine setzte, schimpfte er wutentbrannt: „So eine bigotte Frau!“ Allerdings war da noch das Mikrofon des Fernsehteams eingeschaltet. In den Fernsehnachrichten wurde das Band am Mittwoch fast ununterbrochen abgespielt.

Die Frau, eine Witwe namens Gillian Duffy, hatte vorgetragen, was den Briten so auf dem Herzen liegt – vor allem ergrauten Bürgern, der entscheidenden Wählergruppe. Die ältere Dame wollte wissen, warum es im nordwestenglischen Rochdale allmählich wie in der Dritten Welt zugehe. Warum so viele Einwanderer aus Osteuropa kämen. Warum die Steuern immer höher würden. Warum das Land so hohe Schulden habe. Brown antwortete höflich. Es schien eine konstruktive Debatte zu sein. Aber als er ins Auto stieg, legte der Premier los.

„Das war eine Katastrophe. Wessen Idee war denn das?“ Was die Frau denn gesagt habe, fragte Assistentin Sue Nye. „Alles. Es war einfach eine bigotte Frau. Dabei war sie einmal Labour-Anhängerin“, sagte Brown hörbar wütend. Eine halbe Stunde später musste er sich in einem Radiostudio deprimiert, den Kopf in der Hand, die Aufnahme anhören. Später entschuldigte er sich persönlich bei Mrs. Duffy. Eigentlich hätte sie Labour wählen wollen, sagte sie. Aber nun bleibe ihr Briefwahlschein unausgefüllt. „Die Äußerungen sprechen für sich selbst“, lautete der Kommentar des Tory-Wahlkampfstrategen George Osborne. Er fügte nachdenklich hinzu: „So ist es eben mit Wahlkämpfen. Sie enthüllen die Wahrheit über die Politiker.“ Matthias Thibaut

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