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Politik: Wärmebedürfnis

Die Bürger wollen die Union sozialer, und auch der Saar-Regierungschef ist gegen „platten Neoliberalismus“

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Berlin - Dass die Bürger in einer Umfrage von der CDU mehrheitlich einen sozialeren Kurs verlangen, konnte Saar-Ministerpräsident Peter Müller nicht ahnen. Seine Laudatio auf das neue Buch von Hermann-Josef Arentz („Sozialstaat im Härtetest“) am Freitag wirkte dennoch wie eine Antwort darauf. „Die christliche Soziallehre ist nicht tot“, sagt Müller. Das Buch des Chefs des CDU-Sozialflügels lobte er als „klare und eindeutige Absage an marktradikale Konzepte“.

61 Prozent der Bürger und 56 Prozent der Unionsanhänger sind laut Infratest dimap der Meinung, die CDU solle einen sozialeren Kurs einschlagen. „Wir werden Wahlergebnisse von 40 plus x nur erzielen, wenn wir diese Tradition pflegen“, sagt Müller mit Verweis auf die christliche Soziallehre. „Starke Schultern müssen mehr tragen als schwache.“

Nach Arentz Ansicht ist die Zustimmung zu Reformen gesunken, weil diese nur noch als Einschnitte wahrgenommen würden: „Es gibt Leute, die kriegen schon Pickel im Gesicht, wenn sie das Wort hören.“ Die Leute müssten wissen: „Wenn die Union Reformen macht, geht’s gerecht zu.“ Reformieren heiße nicht: „Je härter und bösartiger, umso besser.“ Deutliche Abgrenzung forderte er von der FDP. Er sei gegen den „platten Neoliberalismus“ eines Herrn Westerwelle nach dem Motto „wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht“. Vom Parteitag im Dezember müsse das Signal ausgehen, die CDU nehme ihre Wurzeln als wertkonservative und christlich-soziale Partei ernst.

Saar-Chef Müller sieht auch schon eine Gelegenheit, die CDU als soziale Partei zu profilieren: die Gesundheitsreform, über die CDU und CSU noch streiten. Es gebe unterschiedliche Modelle, wer wie belastet werde. Die Entscheidung, die die Union an diesem Punkt finde, werde zum „Lackmustest“ dafür, ob sie künftig eher marktradikal oder sozial auftrete.

Nicht jeder in der CDU teilt die Sorgen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel sieht keinen Korrekturbedarf. „Ich glaube, die CDU ist ihrer sozialen Verantwortung immer gerecht geworden, und das gilt auch heute.“ Der Sozialstaat sei nicht denkbar ohne starke Wirtschaft. Teufels Sozialministerin Tanja Gönner sagte dem Tagesspiegel: „Ich glaube nicht, dass es richtig ist, dass die Union sozialer werden muss.“ Sozial sei, was Arbeit schafft, oberstes Ziel sei, Arbeitslosigkeit abzubauen. Das bedingt nach den Worten Gönners auch Abstriche für die Arbeitenden. Die Union müsse ihre Zielsetzung noch deutlicher erklären, „denn wir brauchen Veränderungen in diesem Land“. Den CSU-Sozialpolitiker Horst Seehofer, der die Gesundheitsreformpläne der CDU für nicht sozial genug hält und damit CDU-Chefin Angela Merkel verärgert, ging Gönner direkt an: „Seehofer hat bis heute nicht gesagt, was er denn gern hätte.“

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