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Das Grauen in Aleppo. Ein Mann trägt den Körper eines Kindes nach einer Bombardierung.

© AFP

Waffenruhe in Syrien: Frieden hängt von USA und Russland ab

Die Vereinbarung über eine Waffenruhe in Syrien ist ein Fortschritt. Es hängt von den USA und Russland ab, ob daraus Frieden entsteht. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Die amerikanisch-russische Vereinbarung über eine Waffenruhe in Syrien ist nicht mehr als eine Hoffnung in einer Kette gescheiterter Vereinbarungen verbissener Gegner auf dem mittelöstlichen Kriegsschauplatz. John Kerry und Sergej Lawrow, die beiden Außenminister, benutzten selbst das Wort „Hoffnung“ – Hoffnung auf eine Linderung der Leiden, Hoffnung auf erste Schritte zu einem verhandelten Frieden, Hoffnung auf einen politischen Übergang in Syrien.

In Syrien werden längst geopolitische Interessen ausgetragen

Hoffnung – das ist tatsächlich nur ein Wort, aber in ihm steckt die wenn auch sehr bange Erwartung, der seit fünf Jahren tobende Krieg möge ein Ende finden, nach mehr als fünf Millionen Menschen auf der Flucht, fast 300 000 Toten und der weitgehenden Zerstörung der großen Städte bis auf Damaskus und der Infrastruktur des Landes. Es ist kein Bürgerkrieg, der hier beendet werden muss. Das war er vielleicht am Beginn, als die demokratischen Kräfte in Syrien gegen jene der Machterhaltung aufstanden. Aber längst werden auf dem Territorium Syriens ganz andere, religiöse und ethnische Konflikte ausgetragen, wird aber eben auch für geopolitische, strategische Ziele gebombt. Die Türkei, Saudi-Arabien und Katar sind die Regionalmächte, die Baschar al Assad stürzen wollen, der Iran und die Hisbollah wollen seine Position stabilisieren. Die USA unterstützen Assads Gegner, Russland hält ihn an der Macht.

Ohne Russlands Intervention gäbe es Assad nicht mehr

Ohne die russische Luftwaffenintervention gäbe es den Diktator Assad heute nicht mehr. Moskau hat sich auf seine Seite gestellt, weil Wladimir Putin den einzigen maritimen Stützpunkt Russlands an einer Mittelmeerküste gefährdet sah – und weil der russische Präsident ein im Laufe der Jahre immer stärker gewordenes Misstrauen gegen alles hat, was die USA unter dem Begriff „regime change“ im Mittleren und Nahen Osten in Gang gesetzt haben. Dabei wurden sie immer unterstützt von Großbritannien, etwas weniger engagiert von Frankreich und differenziert von Deutschland, das in Afghanistan nach der US-Antwort auf 9/11 an der Seite Amerikas kämpfte, sich im Irak aber in der Ära Schröder massiv gegen die Intervention entschied, und in Libyen eher unwillig logistisch bei Gaddafis Sturz half – der, Putins Zweifel bestätigend, aus dem reichen Land einen „failed state“ machte.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat noch am Freitag bei der Tiergarten-Konferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung daran erinnert, dass der Westen im Jahr 2000 nach der Machtübernahme Assads in Syrien Hoffnungen auf eine Liberalisierung gesetzt hatte. Die endeten bitter, als Assad 2006 mit einem wütenden Aufruf für die Hisbollah und zur Vernichtung Israels alle Erwartungen zerstörte, und Steinmeier, quasi im Anflug auf Damaskus, eine geplante Kontaktmission abbrach.

Wie groß ist die Abhängigkeit der Rebellen von Washington und Moskau?

Entscheidend wird jetzt sein, ob Russland die syrische Armee und die USA die von ihnen unterstützten Rebellen dazu bringen, den Waffenstillstand einzuhalten. Diese Gruppen haben an Frieden eigentlich kein Interesse. Sie setzen auf die Vernichtung des jeweils anderen. Die einzige Hoffnung, ja, auch hier wieder: Hoffnung, ist, dass ihre Abhängigkeit von der militärischen Unterstützung Washingtons und Moskaus so groß ist, dass ihnen nichts anderes bleibt, als den Vorgaben zu folgen.

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