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Bundespräsident Joachim Gauck wäre zum regulären Ende einer zweiten Amtszeit 82 Jahre alt.

© Michael Kappeler/dpa

Wahl des Bundespräsidenten: Gauck wäre die einfachste Lösung

Steht der Bundespräsident für eine weitere Amtszeit bereit oder verzichtet er aus Altersgründen? Für die großen Parteien läge eine erneute Kandidatur von Joachim Gauck nahe. Eine Analyse.

Von Antje Sirleschtov

Eine sogenannte "italienische Lösung" sollte man von Joachim Gauck eher nicht erwarten. Erst vor einigen Tagen hatte der Deutschlandfunk den Bundespräsidenten mit der Frage konfrontiert, ob er – mit Rücksicht auf sein Alter – nicht vielleicht eine halbe zweite Amtszeit in Erwägung ziehe. Nach dem Vorbild des italienischen Präsidenten Giorgio Napolitano, der sich im April 2013 mit Rücksicht auf die schwierige innenpolitische Situation zu einer zweiten Amtszeit bekannte, dies allerdings mit der Ankündigung verband, diese zweite Amtszeit mit Rücksicht auf sein hohes Alter vorzeitig zu beenden, was er dann nach knapp einem Jahr auch tat.

Nun befindet sich auch die politische Klasse in Berlin gerade in einer unkomfortablen Lage. Und Joachim Gauck mit 76 in einem Alter, in dem man sich die Aufgabe eines ersten Staatsmanns für weitere fünf Jahre nicht ohne Nachdenken aufbürdet. Der Bundespräsident könnte es also Napolitano gleich tun und der großen Koalition mit einer solchen Entscheidung auch eine Last von den Schultern nehmen.

Doch in Gaucks Augen wäre eine italienische eben nur eine halbe Lösung und damit nichts für ihn. Zur Person, also zu ihm selbst, sagte Gauck, "passt sie gar nicht". Und zum Amt des Bundespräsidenten "auch nicht so richtig". Ganz oder gar nicht will sich dieser Bundespräsident also bekennen, wenn es um eine Kandidatur geht für die Wahl des Bundespräsidenten am 12. Februar 2017.

Dass hochrangige Vertreter von Union und SPD ihm dennoch vorschlugen, sich für eine kurze zweite Amtszeit zu entscheiden, wie es die "Frankfurter Rundschau" am Freitag wusste, sagt deshalb vor allem zweierlei aus. Dieser Präsident ringt offenbar noch immer stark mit einer Entscheidung. Und: Die Not in den Volksparteien ist, wenn es um das höchste Staatsamt geht, offensichtlich noch größer als gedacht. Die Angst, Gauck könnte sich gegen eine Kandidatur entscheiden, wohl auch.

Die Kanzlerin will den SPD-Mann Steinmeier nicht

Angela Merkel, die Kanzlerin, will offenbar SPD-Mann Frank-Walter Steinmeier nicht unterstützen. Das war, ohne Widerspruch, bekannt geworden. Und Sigmar Gabriels SPD, das kann niemand leugnen, ist mit sich, ihrem Führungspersonal und den sinkenden Umfragewerten derart beschäftigt, dass eine Verständigung – erst innerhalb der Partei und dann auch noch mit der Union – auf einen gemeinsamen Kandidaten kaum vorstellbar erscheint. Schließlich steht wenige Monate nach der Wahl des Staatsoberhaupts im Herbst 2017 die nächste Bundestagswahl an. Jede noch so kleine Bewegung einer Parteispitze, ein Zugeständnis etwa, wird in solchen Lagen zum Fanal über die eigene Stärke oder Schwäche. Weil auch sonst keine politischen Konstellationen aufscheint, die in der Kür eines gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten zum Vorboten der nächsten Regierungskoalition werden könnten, droht Chaos, wenn der Amtsinhaber absagt.

Gauck wird um das, was ein Verzicht auf die Kandidatur im politischen Berlin unweigerlich auslösen wird, wissen. "Innerer Druck" baue sich auf, bekannte er, wie auch immer er sich entscheide: Es werde eine "schwere Entscheidung". Man ahnt: Dieser Präsident fühlt sich gebeten, ja gedrängt von allen Seiten, jetzt nur nicht müde zu werden und in Rente zu gehen. Da muss ihm gar keiner aus der Koalitionsspitze in Gesprächen die Möglichkeit "italienischer Lösungen" schmackhaft machen.

Bis zum 21. Juni will Gauck sich entschieden haben

Am 21. Juni beginnt bekanntlich die Sommerzeit, bis dahin will er seine Entscheidung bekannt gegeben haben, ließ Gauck die Öffentlichkeit in jenem Interview wissen. Am Montag nach Pfingsten, dem 23. Mai, gedenken die Deutschen der Verkündung ihrer Verfassung. Viele Jahre war das der Tag, an dem Staatsoberhäupter gewählt wurden. Erst die Rücktritte von Horst Köhler und Christian Wulff brachten den politischen Kalender in Unordnung.

Joachim Gauck nun könnte das historische Datum in diesem Jahr wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken und seine Entscheidung just an diesem Tag bekannt geben. Der Rahmen wäre vorbereitet. 750 Kommunalvertreter und Bürgermeister hat der Präsident für diesen Tag zu einer Demokratiekonferenz nach Berlin geladen. Er, der die Verantwortung für die Demokratie immer wieder den Menschen an der Basis, also in den Kommunen, anempfohlen hat. Ein abendliches Fest im Schloss Bellevue ist ebenfalls geplant.

Passender könnte Gauck den Zeitpunkt kaum wählen, den Deutschen anzukündigen, dass er noch einmal für das höchste Amt im Staat kandidieren will.

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