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Bürgermeister Klaus Wowereit, eingerahmt von den Tagesspiegel-Chefredakteuren Stephan-Andreas Casdorff (l.) und Lorenz Maroldt.

© Thilo Rückeis

Wowereit beim Tagesspiegel: "Dieses Berlin-Bashing ist doch unerträglich"

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit spricht beim Treffpunkt Tagesspiegel über seine Kontrahenten bei der Abgeordnetenhauswahl und mögliche Koalitionen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Zwischendurch sprach er sogar von Visionen, der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit. Beim „Treffpunkt Tagesspiegel“ wurde er am Montagabend vom Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff gefragt, wofür der SPD-Spitzenkandidat im Fall eines Wahlsiegs die dritte Regierungsperiode nutzen wolle. „Ich stehe dafür, dass sich Berlin weiter verändert“, sagte Wowereit. „Und mir ist wichtig, dass die Stadt offen ist und jeden Bewohner in seiner Unterschiedlichkeit akzeptiert“. Diese Haltung sei es auch, die er jetzt schon an Berlin sehr schätze. Er ärgere sich „die Krätze“ über Leute, die nur auf der Stadt herumdreschen, verriet der Regierungschef. „Dieses Berlin-Bashing ist doch unerträglich“.

Den Lesern des Tagesspiegels präsentierte sich der SPD-Politiker, der am nächsten Sonntag die Abgeordnetenhauswahl erneut gewinnen will, gut gelaunt, aber auch gewohnt angriffslustig. Gelegentlich verbiss er sich in die Details der Mieten- und Haushaltspolitik, der künftigen Gestaltung des Tempelhofer Feldes und der Videoüberwachung im öffentlichen Raum, der Beseitigung des Hundekots und der Sprachförderung nicht nur für Migranten.

Die Chefredakteure Lorenz Maroldt und Casdorff, sowie auch die Leser, stellten jede Menge Fragen. Aber nicht nur zu kühlen Sachthemen, sondern gleich zu Beginn der Veranstaltung auch zur Frage, mit wem Wowereit am liebsten regieren würde. Die Antwort überraschte nicht. Eine Fortsetzung von Rot-Rot ist aus seiner Sicht politisch möglich, wenn es rechnerisch reichen sollte. Mit den Grünen hätte er im Jahre 2001 nach der Wahl gern weiterregiert, vielleicht sogar zehn Jahre lang , aber sie hätten damals nicht genügend Stimmen gehabt. Nach der Wahl am Sonntag könne es zwischen SPD und Grünen eine Einigung geben, „aber nicht um jeden Preis“. Nur mit der CDU könne er sich eine gemeinsame Regierung schwer vorstellen. Ausschließen wolle er dies aber nicht. Zum Christdemokraten Frank Henkel sagte Wowereit, er sei von allen CDU-Spitzenkandidaten der letzten zehn Jahre „nicht der Unsympathischste“.

Lesen Sie auf Seite 2, was Wowereit zu einer möglichen Kanzlerkandidatur, die Piratenpartei und über Innensenator Körting sagte.

Ein bisschen Psychologie kam auch ins Spiel. Sind Sie nachtragend, Herr Wowereit? Ja! Sind Sie selbstkritisch? Ja! Können Sie herumbrüllen, als Chef? Ja, er könne auch mal schreien, räumte Wowereit freimütig ein. Sind Sie autoritär? Auch das könne er sein. Auf die Frage, ob er über Selbstironie verfüge, er solle dafür doch ein Beispiel geben, sagte der SPD-Mann: „Ich bin der allerbeste Regierende Bürgermeister.“ Da mussten viele Gäste lachen, und er auch.

Weniger auskunftsfreudig zeigte sich der Regierende Bürgermeister beim Thema Kanzlerkandidatur. Michael Sommer, der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes, fände das gut, wurde ihm vorgehalten. „Daran kann ich den DGB-Chef nicht hindern. Aber niemand soll sich falsche Hoffnungen machen: Ich bleibe“, antwortete Wowereit. Er habe schon so viele Debatten dieser Art hinter sich gebracht und sogar die Grünen-Kandidatin Künast halte seine Kanzlerschaft für möglich. „Obwohl sie mich als Regierenden Bürgermeister offenbar für die größte Flasche hält.“

Eines wollte sich Wowereit aber nicht sagen lassen, dass er nämlich die Piratenpartei mit seinen Äußerungen stark gemacht habe. Zugunsten der SPD, zulasten der Grünen. Es seien ja wohl eher die öffentlichen Medien, die den Piraten ein großes Forum böten, konterte der Sozialdemokrat. Er warf der Kleinpartei, die nach jüngsten Meinungsumfragen ins Parlament einziehen könnten, eine „nicht erkennbare Linie“ vor. Es fehle ein gefestigtes Programm, aber wenn die Piraten tatsächlich ins Abgeordnetenhaus kämen, wäre das Demokratie. „Dann sitzen sie eben im Landesparlament.“

Auf Befragen stellte sich Wowereit hinter seinen Innensenator Ehrhart Körting. Er teile dessen Kritik an der Polizeiführung, die eine NPD-Demonstration geheim hielt. Gewiss dürfe die Polizei taktische Überlegungen anstellen, aber das sei kein Grund, indirekt Gegendemonstrationen zu verhindern. Erneut forderte der SPD-Politiker ein Verbot der NPD, deren Wahlkampfparolen in Berlin unerträglich seien.

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