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Hat viel Geld zur Hand: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU)

© Michael Kappeler/dpa

Steuerschätzung: Wann bekommt der Steuerzahler etwas zurück?

Die neue Steuerschätzung vermeldet Rekorde: Mit 54 Milliarden Euro zusätzlich kann der Fiskus bis 2021 rechnen. Das gibt Spielraum, den Wohlstand der Gesellschaft zu mehren. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Lutz Haverkamp

Wolfgang Schäuble hat Großartiges geleistet, etwas Historisches. Allen Anfeindungen zum Trotz hat der Bundesfinanzminister die Schwarze Null im Bundeshaushalt geschafft und im Bewusstsein der Deutschen verankert. Nachfolgende Generationen werden es ihm danken, denn ihre Schuldenlast wird zumindest nicht größer. Es ist nach allen Erfahrungen und gescheiterten Anläufen der Vergangenheit ein kleines Wunder.

Wolfgang Schäuble hat auch jede Menge Glück gehabt. Die deutsche Wirtschaftskraft, die äußerst positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, die historisch niedrigen Zinsen – all das hat es dem Minister einfacher gemacht, die Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen. Die Einnahmen steigen ohne Unterlass in ungeahnte Höhen und übertünchen auch Ausgaben, die politisch mindestens umstritten waren und sind.

Aber jetzt ist es auch mal gut! Denn das, was Schäuble und seine Kollegen in den Ländern und Kommunen da in ihren Kassen anhäufen, ziehen sie den Bürgern aus der Tasche. Einmal ganz direkt, weil immer mehr Menschen einen sozialversicherungspflichtigen Job haben und damit Steuern und Abgaben zahlen. Zum anderen indirekt, weil Sparen bei der aktuellen Zinslage nichts bringt und die Leute es lieber für alles Mögliche ausgeben. Auch davon profitiert der Fiskus, weil eben indirekte Steuern wie zum Beispiel Mehrwert- oder Grunderwerbsteuer anfallen. Ein wunderbarer Wirtschaftskreislauf.

Herausforderungen noch groß

Steuersenkungen finanzieren Steuersenkungen – zum Teil. Es ist schon so, dass es in Deutschland viele Arbeitnehmer gibt, die, weil sie so wenig verdienen, keine oder nur sehr geringe Steuerabzüge vom Lohn haben. Und es gibt die sogenannte Mittelschicht, die zwar nicht so schlecht verdient, sich aber von den Finanzämtern über den Tisch gezogen fühlt. Diesen beiden Gruppen sollte eine gezielte Entlastung zuallererst zugute kommen. Beiden Gruppen kann man auch getrost unterstellen, dass sie das Mehr an Einkommen auch wieder ausgeben und dem wirtschaftlichen Kreislauf neue Impulse geben. Eine wunderbare Win-win-Situation.

Bei allen positiven Entwicklungen – die finanziellen Herausforderungen bleiben enorm. Die Flüchtlingskrise ist noch nicht ausgestanden und bezahlt, Straßen und Brücken sind in Teilen immer noch marode, die digitale Infrastruktur spottet jeder Beschreibung, es fehlt an Personal in Verwaltungen und Schulen, Energiewende, Entwicklungshilfe. Viele Möglichkeiten, die zusätzlichen Milliarden sinnvoll auszugeben. Und es gibt immer noch einen immensen Schuldenberg, der jeden Tag Zinsen kostet und auch in Teilen abgetragen werden müsste. Weil nicht alles, was da mit den Schulden der Vergangenheit finanziert wurde, nachkommenden Generationen dient.

Aber die derzeitige steuer- und finanzpolitische Situation ist ein wahres Luxusproblem, um das uns unsere europäischen Nachbarn beneiden. Sich Gedanken darüber machen zu können, finanzielle Spielräume zu haben und zu nutzen, um den Wohlstand der Gesellschaft zu mehren, ist eine tolle Aufgabe für die Politik. Und der Steuerzahler und Wähler kann dabei zuschauen, welche Ergebnisse der Wettbewerb der Ideen hervorbringt. Für einen spannenden Wahlkampf ist das eine ganz wunderbare Ausgangssituation.

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