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Politik: Warnung vor Kooperation mit der Hamas

Schwierige Balance bei Nahost-Besuch von Außenminister Steinmeier / Fischer sieht Europa in Verantwortung

Berlin/München - Israels Botschafter in Deutschland, Schimon Stein, hat den Westen vor der Nahost-Reise von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) eindringlich vor Kontakten zur radikalislamischen Hamas gewarnt. „Wir erwarten Standhaftigkeit. Mit einer Terrororganisation darf es keinerlei Kooperation geben, auch nicht, wenn sie eine Regierung bildet“, sagte Stein der „Leipziger Volkszeitung“. Steinmeier fliegt am Sonntagabend zu Antrittsbesuchen nach Israel, in die Palästinenser-Gebiete, nach Jordanien und in die Türkei.

Am Montag sind in Jerusalem Gespräche mit Ministerpräsident und Kadima-Vorsitzenden Ehud Olmert und Außenministerin Zippi Livni geplant. Voraussichtlich spricht Steinmeier auch mit dem israelischen Oppositionsführer Benjamin Netanjahu und dem Vorsitzenden der Arbeitspartei, Amir Perez.

Die Hamas war aus der palästinensischen Parlamentswahl Ende Januar als klarer Sieger hervorgegangen. Stein sagte, der Westen solle sich vor der Erklärung hüten, es sei besser, auch mit einer von der Hamas geführten Regierung zu reden und diese weiter zu finanzieren, weil ansonsten islamistische oder terroristische Kräfte von außen einen noch stärkeren Einfluss erhielten. „Damit spielte man der Hamas in die Hände. Es darf keinerlei Wackeln geben. Die Hamas muss ihrer Vergangenheit abschwören. Ohne Wenn und Aber“, forderte der Botschafter.

In Israel hatte die kürzlich von Russlands Präsident Wladimir Putin ausgesprochene Einladung an Hamas-Vertreter zu Gesprächen nach Moskau für Entrüstung gesorgt. Steinmeier wird am Dienstag in Ramallah unter anderen Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas treffen. Gespräche mit der Hamas sind nicht geplant. Anschließend fährt er nach Jordanien und voraussichtlich am Abend weiter in die Türkei.

Ex-Außenminister Joschka Fischer schrieb in einem Beitrag für die „Süddeutsche Zeitung“, der Sieg der radikalislamischen Hamas bei den Palästinenserwahlen, aber auch die anhaltende Gewalt-Eskalation im Irak sowie das iranische Atomprogramm stellten Europa vor „grimmige Alternativen“. Freie Wahlen im Nahen und Mittleren Osten brächten - mit Ausnahme des Sonderfalls Libanon - „nahezu überall islamistische Mehrheiten oder zumindest sehr starke Minderheiten“ hervor. Eine bloße Demokratisierungsstrategie, die die soziale, ökonomische und kulturelle Modernisierung der islamisch geprägten Gesellschaften für nachrangig halte, erreiche das Gegenteil von den beabsichtigten Ergebnissen: „Das Modell Osteuropa nach 1989 funktioniert ganz offensichtlich nicht im Nahen Osten, weil dazu weitgehend die sozioökonomischen Entwicklungsvoraussetzungen fehlen“, schrieb Fischer. Der ganze Nahe Osten werde „durch eine tiefe und vielleicht zwei bis drei Jahrzehnte währende Transformationskrise gehen, die sehr große Risiken und Gefahren mit sich bringen wird“. Europa könne sich aus den „Verwerfungen, Krisen und Konflikten diese für seine Sicherheit so zentralen Region nicht heraushalten. Die Krise des Nahen und Mittleren Ostens werde „Europa zwingen, sicherheitspolitisch sehr schnell erwachsen zu werden“, schrieb Fischer, der in seiner siebenjährigen Amtszeit 15-mal Israel und elfmal die Palästinenser-Gebiete besuchte. Tsp/dpa

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