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Weiße Blitze in Athen. Das politische Dauergewitter über der Akropolis wird auch nach den Beschlüssen vom Donnerstag nicht abziehen. Noch sind die Griechen nicht gerettet. Foto: dapd

© dapd

Politik: Warten auf Hellas

In Berlin blickt man weiter bang nach Griechenland – schon häufiger wurden in der Vergangenheit Zusagen nicht eingehalten.

Von Robert Birnbaum

Berlin – Der Tonfall, in dem die Bundesregierung in Richtung Griechenland spricht, ist seit Tagen dringlich – am Donnerstag wird er sehr dringlich. Guido Westerwelle hat eigentlich eingeladen, um vor Kameras und Mikrofonen über die Ausweisung von vier syrischen Diplomaten zu berichten, eine Reaktion auf die Ausspähung syrischer Oppositioneller in Deutschland. Doch der Außenminister widmet einen Großteil seines Statements dem Sorgenfall Athen. „Die Zeit für Lösungen, sie wird knapp“, drängt Westerwelle. Die Griechen hätten ihre Zukunft im Euro-Raum und in Europa jetzt selbst in der Hand. Und sie dürften nicht nur reden, sondern müssten handeln. „Ankündigungen machen ein Land noch nicht wettbewerbsfähig!“

Wenig später legt Steffen Kampeter nach. Wolfgang Schäuble hat seinen Parlamentarischen Staatssekretär im Finanzministerium in den Bundestag geschickt, wo er in einer Aktuellen Stunde die Haltung der Regierung zum europäischen Fiskalpakt verteidigen soll. Aber auch Kampeter interessiert sich weniger für die Attacken von SPD, Grünen und Linken gegen den Euro-Kurs der Kanzlerin. Auch der CDU- Mann redet aus der Ferne den Regierenden in Athen ins Gewissen: „Griechenland muss handeln, und Europa wartet auf griechische Entscheidungen.“

Noch zu diesem Zeitpunkt am frühen Nachmittag war auch den gewöhnlich ganz gut Informierten in Berlin nicht klar, ob sich die griechische Koalition auf das Sparpaket einigen konnte, das die internationale Gemeinschaft der Helfer zur ultimativen Vorbedingungen für ein zweites Hilfspaket gemacht hat. Wenig später kamen erste Signale aus Athen, die Sache sei auf gutem Wege. Doch immer wieder waren auch irritierende Nachrichten zu hören: Der Chef der kleinsten Koalitionspartei, der Laos-Partei, wolle erst noch alle möglichen Zusagen; an der geplanten Pensionskürzung um 300 Millionen Euro drohe alles noch zu scheitern.

Als Ministerpräsident Lucas Papademos endlich bekanntgab, dass die drei Parteichefs sich auf ein Paket geeinigt hätten, war von Aufatmen trotzdem nichts zu spüren. Allzu oft, sagt ein Koalitionspolitiker, hätten „unsere Freunde in Athen“ jetzt schon Zusagen gemacht, die wenig später wieder irgend wer in der unübersichtlichen griechischen Parteienlandschaft in Frage gestellt habe – zu schweigen von der Ungewissheit, ob all die Zusagen je umgesetzt würden.

Immerhin, Schäuble und seine Kollegen hatten am Abend beim Sondertreffen der Euro-Gruppe etwas, über das sie beraten konnten. Dort sollte auch der Bericht der „Troika“ vorliegen, des Dreier-Gremiums aus Europäischer Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB). Die Erkenntnisse der Experten über Fortschritte und Rückschritte in Griechenland seit dem letzten Bericht im Oktober bilden die Basis für einen eventuellen Beschluss über ein zweites Hilfspaket über voraussichtlich 130 Milliarden Euro. Den Ministern vorliegen sollte am Abend überdies das Ergebnis der Verhandlungen über einen Schuldenerlass mit den privaten Gläubigern.

Am Freitagmorgen werden Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel die Koalitionsfraktionen unterrichten; auch die Oppositionsfraktionen treffen sich um 9 Uhr zu Sondersitzungen. Wie es dann weiter geht, ist noch offen. Dass sich der Bundestag schon am Freitag mit Beschlüssen der Finanzminister befasst, wurde in der Koalition ausgeschlossen. Ob nächste Woche das ganze Parlament oder nur der Haushaltsausschuss eine Sonderschicht einlegen muss, das hänge, heißt es in der Koalition, davon ab, was zu beschließen sei – ob also zum Beispiel nur die Rest-Mittel bewilligt werden müssen, mit denen die Regierungen die private Gläubigerbeteiligung flankieren, oder ob das ganze Hilfspaket ansteht. Dafür ist eigentlich noch Zeit – den Griechen geht erst Mitte März die Puste aus, wenn sie gut 14 Milliarden Euro Schulden tilgen müssen. Doch egal wann die Abstimmung kommt – für die Koalition stellt sich dann aufs Neue die unangenehme Frage: Reicht es wieder, immer noch für eine eigene Mehrheit?

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