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Schon einige Minuten nach zwölf: Der Union Jack weht vor Big Ben in London.

© Michael Kappeler/dpa

Großbritannien: Warum der Brexit ein Erfolg werden kann

Nach dem Referendum zum Brexit droht Großbritannien eine Rezession. Die EU sollte daran alles andere als interessiert sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ursula Weidenfeld

Für das Europa-Establishment war es eine Woche der heimlichen Schadenfreude: Nun ist es amtlich, dass der bevorstehende Brexit für eine schwere Krise der britischen Wirtschaft sorgt. Das sei zwar schade für die Briten, aber gut für den Kontinent, feixten die Kommentatoren auf dem Festland. Denn nun sei für jeden offensichtlich, dass man sich nicht gegen die EU wenden soll.

Wer so argumentiert, freut sich vielleicht zu früh. Dass die ersten Jahre hart werden, konnte jeder wissen. Die drohende Wirtschaftskrise war eines der Hauptargumente der „Remain“-Befürworter. Trotzdem haben die Briten sich für den Ausstieg entschieden. Nun steht das Land vor einer Rezession. Die britische Notenbank senkte daher die Leitzinsen und entschloss sich, neues Geld in die Wirtschaft zu pumpen.

Ein vernünftiges Einwanderungsgesetz wollen auch andere Länder

Doch das ist nur der Anfang der Geschichte. Er ist zum großen Teil der Unsicherheit über den Fortgang der Ausstiegsverhandlungen geschuldet. Danach aber haben die Briten die Chance zu beweisen, dass Wohlstand, Wachstum und sozialer Frieden auch abseits der EU entstehen können. Die britische Premierministerin Theresa May will die bisher liberal geprägte britische Wirtschaft zu einer Sozialen Marktwirtschaft umbauen. So sollen auch die Benachteiligten wieder gewonnen werden. Die Einwanderung soll nach den Bedürfnissen der britischen Gesellschaft gesteuert werden. Ein vernünftiges Einwanderungsgesetz hätten auch andere Länder Europas gern. Für den Herbst wird ein Steuerpaket erwartet, das die Investitionsbedingungen verbessern soll. Frankreich, Spanien und Portugal werden sehr genau hinschauen, wie ein solches Programm aussieht.

Kurzfristig steht England vor schweren Zeiten. Langfristig aber kann der Ausstieg gut gehen. Daran sollte nicht nur England interessiert sein – sondern auch die EU. Denn für Handel und Wandel ist es immer gut, wenn es auch den Partnern gut geht. Außerdem kann die EU vom Ausstieg der Briten lernen. Denn sich allein auf die ökonomische Drohkulisse für weitere Abtrünnige zu verlassen, ist riskant und kontraproduktiv. Wer auf diese Strategie setzt, hat Europa tatsächlich aufgegeben.

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