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Politik: Warum so bescheiden?

Brüssel misstraut Warschau. EU-Kommissar Verheugen drängt Polens Parlament, endlich die Gesetze zum EU-Beitritt zu beschließen

Zwischen Warschau und Brüssel wachsen ein Jahr vor dem EU-Beitritt Polens und wenige Wochen nach der Unterzeichnung der Beitrittsverträge Unmut und Misstrauen. Zum einen verzögert Polen bei der Umsetzung der EU-Gesetze und Verordnungen den Zeitplan. Zum anderen sind die notwendigen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von EU-Fördermitteln im größten Beitrittsland noch nicht vorhanden. Nach Ansicht der Fachleute im Europaparlament hakt es in neun wichtigen Bereichen.

Dazu gehören das Wettbewerbs- und Arbeitsrecht, Versicherungen, Zölle, die Stahlindustrie und vor allem der Aufbau einer leistungsfähigen Verwaltung. Der für die Erweiterung zuständige EU-Kommissar Günther Verheugen machte bei seinem letzten Besuch in Polen die Schwachstellen aus: Die polnische Regierung habe alle nötigen Vorbereitungen getroffen, heißt es in seiner Umgebung. Doch das polnische Parlament könne sich nicht auf die nötigen Gesetze einigen. Verheugen habe das polnische Parlament deshalb aufgefordert, seinen Verpflichtungen aus den Beitrittsverträgen zügig nachzukommen.

Diese Aufforderung stieß jedoch nicht auf uneingeschränkte Zustimmung. Die polnische Zeitung „Gazeta Wyborcza“ berichtete zum Ärger der EU-Beamten, Brüssel verzögere die jetzt anstehenden Berichte über die Fortschritte Polens bewusst, um das polnische EU-Referendum nicht zu gefährden. Tatsächlich liegen die für Mai angekündigten Zwischenberichte über die Fortschritte Polens noch nicht vor. Sie werden jedoch in der zweiten Maihälfte erwartet. Die zuständigen EU-Beamten scheinen aber skeptisch, dass sich zwischen März und Mai Wesentliches verbessert haben könnte. Doch noch haben die Mängel kaum Konsequenzen. Verheugen wird Polen noch einmal auffordern, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen. Sollte dies bis November, wenn der Hauptbericht folgt, jedoch noch nicht geschehen sein, drohen Polen nach dem Beitritt härtere Maßnahmen. Es könnten Schutzklauseln in Kraft gesetzt werden, die das Land zum Teil vom Binnenmarkt ausschließen. Dies drohte der zuständige Generaldirektor in der EU-Kommission, Eneko Landaburu, bereits an.

Ein weiterer Bereich, in dem Polen sich nur schleppend an die EU-Verhältnisse anpasst, sind die Fördermittel. Eigentlich steht für die Beitrittskandidaten seit 2000 Geld für die Förderung der Landwirtschaft bereit – für Polen 180 Millionen Euro im Jahr. Doch es dauerte zunächst lange, bis die zuständige nationale Agentur die von der EU-Kommission gestellten Bedingungen erfüllte.

Bisher werden die zur Verfügung stehenden Strukturhilfemittel ebenfalls kaum abgerufen, so dass die überflüssigen, in den Haushalt eingestellten Mittel bereits zum Problem bei der Entlastung des letzten EU-Haushalts wurden. Doch in diesem Bereich gibt sich die EU-Kommission optimistisch. Man habe gerade einige Zahlungsanforderungen aus dem Strukturmittelfonds erhalten, so die Auskunft von Verheugens Sprecher. Man rechne damit, dass Projektentwicklung, Anträge und Zahlungen in Zukunft schneller und problemloser vonstatten gingen.

Mariele Schulze Berndt[Brüssel]

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