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Demo gegen TTIP im Oktober 2015 im Berliner Regierungsviertel.

© dpa

Freihandelsabkommen EU-USA: Warum TTIP gut für Deutschland wäre

TTIP steht offenbar kurz vor dem Scheitern. Das ist gerade aus deutscher Sicht schlecht - denn so lässt sich Globalisierung nicht gestalten. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ursula Weidenfeld

Der Freihandel hat nicht mehr viele Freunde in Europa. Die französische Präsidentschaftsbewerberin Marine Le Pen verspricht ihren Anhängern für den Fall ihrer Wahl, die Globalisierung auszusperren. Osteuropäische Rechtspopulisten würden sich neuerdings über Zölle freuen. Die Linkspopulisten im Süden gaukeln ihren Wählern vor, sie könnten für Schutz vor unliebsamen Konkurrenten und Investoren aus dem Ausland sorgen. Bei der Brexit-Abstimmung haben die Politiker gewonnen, die den Briten die Selbstisolation empfohlen haben.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat ohne Bedauern erklärt, mit dem Freihandelsabkommen TTIP werde es wohl nichts mehr. All diese Politiker reagieren auf die berechtigten Sorgen ihrer Bürger mit reinem Opportunismus. Statt sich darum zu kümmern, dass die Gewinner von Globalisierung und Freihandel den Verlieren Perspektiven zubilligen, ziehen sie die Zugbrücken hoch. Zukunftsfähig ist das nicht.

Mit Russland oder China geht es nicht besser

Es ist verrückt, wenn ausgerechnet der Bundeswirtschaftsminister TTIP aufgibt. Die USA sind immer noch der beste Partner Europas. Niemand sollte sich der Illusion hingeben, dass es mit Russland oder China jemals bessere Verträge geben wird. Oder dass man es sich alleine dauerhaft gemütlich machen kann. Der Komfort eines Lebens hinter hochgezogener Zugbrücke wird schnell dürftig. Noch kann Europa die Globalisierung mitgestalten, sie durch faire Abkommen beeinflussen. Da spielen die Beziehungen zu Amerika eine besondere Rolle: Fast ein Drittel des Welthandelsvolumens wird zwischen Europa und den USA abgewickelt. Ein selbstbewusster Kontinent würde sein Verhandlungsmandat nutzen.

Vor allem Deutschland leidet nicht am Freihandel. Von der Globalisierung profitieren hier nicht nur die Reichen, sondern nahezu alle. Ein Viertel aller Arbeitsplätze hängt direkt vom Export ab, 40 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung werden ins Ausland verkauft. Gabriel kennt diese Zahlen bestens. Deshalb müsste er für TTIP werben – statt aus Angst vor dem Wähler schon einmal zum Leichenschmaus zu bitten.

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