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Josef Joffe.

© Tsp

Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

Merkels Unfehlbarkeit bedauern, den Ölpreis sinken sehen - und Nordkoreas Außenminister in Davos vermissen. Nicht.

Wien beschließt Flüchtlings-Obergrenzen. Merkel lässt das kalt. Wie lange noch?
Anders als wie sie kennen – „immer alles vom Ende her bedenken“ – gibt Merkel nun den Luther: „Hier stehe ich und kann nicht anders.“ Früher hatte sie stets den Finger im Wind, um dessen Richtung und Stärke zu messen. Jetzt hat sie beide Koalitionspartner gegen sich. Dazu Gauck, der die Politik der offenen Tür feinsinnig, aber deutlich kritisiert. WmdW hält nichts von Küchenpsychologie (Pfarrerstochter, DDR, deutsche Schuld). Er weiß nur: Je länger eine/r regiert, desto unfehlbarer glaubt er/sie zu sein. Ob „wir schaffen das“ auch höchstpersönlich für Merkel gilt? Das hängt davon ab, ob die Transitländer die Obergrenzen ziehen, die Merkel verweigert.

Der Ölpreis stürzt weiter ab. Kann das zur Krise führen?
Bei den Ländern, die vom Öl leben: Russland, Venezuela, Iran, Golf-Staaten. In China und im Westen wirkt der Verfall wie eine Konjunkturspritze. Öl ist wie der Schweinezyklus, ein ewiges Auf und Ab. Dezember 1998 war mit 16 Dollar (real) der absolute Tiefstand; jetzt liegt er um die 30. Merke: Fällt der Preis, wird weniger produziert, ergo steigt er – und immer so weiter. Es gibt schlimmere Krisen als Niedrigpreise. Genießen Sie, was bald wieder teurer wird.

Putin billigte den Mord an Litwinenko, laut Bericht. Kommt das überraschend?
L. wurde mit einem der rarsten Stoffe, Polonium, ermordet, den wir aus der Atomrüstung kennen und der im freien Handel nicht zu finden ist. Sodann: Unter Putin leben Oppositionelle sowieso nicht lange. Außer L. zählt WmdW noch vier andere Mordopfer, und die waren nur Regimekritiker, derweil Putin-Feind L. auch FSB-Agent war, der sein Wissen in London mit dem MI6 geteilt hatte. Das ist wie bei der Mafia, der Tambowskaja, mit der Putin in seiner Petersburger Zeit verbandelt gewesen sein soll: Wer plaudert, stirbt. Kurz vor seinem Tod wollte L. vor der spanischen Staatsanwaltschaft zur Putin-Connection aussagen. Das geht gar nicht. Putin nimmt sowas sehr persönlich.

Weltwirtschaftsforum: Immer noch Davos langgeht?
Na klar. Selbst der Außenminister der Großmacht Nordkorea wollte kommen, wurde aber nach den Atomtests ausgeladen. Dafür kam der US-Präsident. Nicht jener, der es bald nicht mehr sein wird, Barack Obama, sondern der ewige, den die ganze Welt als Frank Underwood aus „House of Cards“ kennt: Kevin Spacey. Bloß waren seine Sprüche in der Piano Bar des Hotel Europe nicht so cool wie in der Serie. Es redete wie … wie ein Präsident: Es sei „wunderbar dass es Wandel und außergewöhnliche Ideen gibt“. Er hat sich so für ein hohes politisches Amt qualifiziert.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“. Fragen: mos

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