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Politik: Was macht die Welt? Knüppel zwischen den Beinen, Haare in der Suppe, Luft im Tank

Vier Fragen an Josef Joffe Deutschland ist erleichtert über den Handschlag BushSchröder. Was ist er wert?

Vier Fragen an Josef Joffe

Deutschland ist erleichtert über den Handschlag BushSchröder. Was ist er wert?

Eine ganze Menge – für George Bush. „Was macht die Welt?“ hat schon auf dem Höhepunkt der Krise, im Wahlkampf, gemutmaßt, dass Schröder von seinem hohen Baum – dem harschen Nein zu einem Irak- Krieg, auch unter UN-Mandat – herunterklettern und zu dem Deal zurückkehren werde, den die beiden im Mai skizziert hatten. Also: Bush bedrängt Schröder nicht, mitzumachen; dafür wirft ihm der Kanzler keine Knüppel zwischen die Beine, weder rhetorische noch reale. Schröder hat nun Überflugs- und Basen-Nutzungsrechte angedeutet; zudem bleiben die „Füchse“ in Kuwait. Wahrscheinlich wird die Bundesrepublik auch Geleitschutz fahren. Aber der Wert des Handshake ist noch grundsätzlicher: Es ist gut, dass Schröder erkannt hat, dass Wahlkampf und Außenpolitik anderen Gesetzen gehorchen müssen – zumal im Umgang mit dem Hauptverbündeten.

Jitzhak Rabin sagte, Israels Arbeitspartei dürfe in Sicherheitsfragen nicht zahmer als der Likud sein. Der neue Vorsitzende Mizna setzt auf Kooperation mit den Palästinensern. Die sichere Wahlniederlage?

Sie haben den Dritten im Bunde vergessen: die Terrortruppen wie Hamas und Dschihad. Die haben schon zwei Mal im israelischen Wahlkampf die Rechte an die Macht gebombt: erst Netanjahu, dann Scharon. Diese Strategie wird jetzt zum dritten Mal aufgelegt – siehe den jüngsten Anschlag in Jerusalem. Den Terroristen geht es nicht um den Frieden, sondern um das Prinzip „Je schlechter, desto besser (für uns).“ Sie wollen immer härtere israelische Gegenschläge provozieren, um die eigene Bevölkerung an ihre und die des Feindes an die Seite der Hardliner zu treiben. Das Ziel ist nicht Verständigung, sondern Verhärtung, um die Friedenswilligen in beiden Lagern zu diskreditieren. Miznas Niederlage darf als gegeben betrachtet werden.

Ein Jahr nach der Bonner Afghanistan-Konferenz fliegt Joschka Fischer nach Kabul. Ist das Erreichte ein Erfolg?

Drei Haare auf dem Kopf sind zu wenig, drei Haare in der Suppe zu viel. Es ist also auch hier alles relativ. Im Vergleich zur totalitären Schreckensherrschaft der Taliban und der „Verpachtung“ ihres Staates an Al Qaida ist das Erreichte in der Tat ein Erfolg. Ist Afghanistan nun ein stabiler demokratischer Staat? Nein. Umso mehr Grund für die Fischers dieser Welt, alles zu tun, damit die afghanische Nachkriegsordnung eine Chance bekommt.

Ein Wort zur deutschen Außenpolitik …

Gut, dass es Schröder gelungen ist, das Verhältnis zu George W. zu enteisen. Doch geht das Problem der deutschen Außenpolitik tiefer. Deutschlands Gewicht in der Weltpolitik war immer ein Spiegelbild seiner inneren, zumal wirtschaftlichen (Erfolgs-)Ordnung. Die ist derzeit so beeindruckend wie ein Benz mit leerem Tank – mit einem Fahrer (Regierung), der hektisch am Lenkrad herumkurbelt und einem Beifahrer (Opposition), der ihn wild gestikulierend noch kopfloser macht. Vielleicht sollten sie sich gemeinsam aufmachen, um Benzin zu holen.

Josef Joffe ist Herausgeber und Chefredakteur der „Zeit“. Fragen cvm

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