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Politik: Was wurde aus ... Gerd Gies?

Im Zuge der Wende in der DDR standen sie vor zehn Jahren plötzlich im Rampenlicht. Fast täglich sah man sie in den Zeitungen und im Fernsehen.

Im Zuge der Wende in der DDR standen sie vor zehn Jahren plötzlich im Rampenlicht. Fast täglich sah man sie in den Zeitungen und im Fernsehen. Viele von ihnen kennt inzwischen kaum noch jemand. Sie haben sich ins Private zurückgezogen, machen Politik in der zweiten Reihe oder sind in ihre alten Berufe zurückgekehrt. Der Tagesspiegel stellt täglich ein "Gesicht der Wende" vor und sagt, was aus den Akteuren von damals geworden ist.

Er war das einzige Nicht-SED-Mitglied, dem in der zweibändigen "Geschichte der SED im Bezirk Magdeburg" ein eigener Absatz eingeräumt war. Als CDU-Kreisvorsitzender von Stendal hatte Gerd Gies die "wegweisenden Beschlüsse des XX. SED-Parteitages zur Sicherung des Friedens" in so hohen Tönen gelobt, dass die Sozialisten dieses Lob in ihre Rückschau auf die eigene Historie aufnahmen. Die Wende spülte den Tierarzt in die Volkskammer sowie an die Spitze der neugegründeten CDU von Sachsen-Anhalt, die Gies zum Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl 1990 kürte.

Allerdings verpasste er dennoch den Einzug in den Landtag, weil er sich des Spitzenplatzes auf der Landesliste so sicher war, dass er sich nicht um ein Direktmandat beworben hatte. Weil aber seine CDU in 48 von 49 Wahlkreisen das Direktmandat gewann, kam die Landesliste gar nicht erst zum Zuge. Ein Regierungschef ohne Landtagsmandat, das passte für Gies nicht ins Bild der jungen parlamentarischen Demokratie. Erst nachdem mehrere CDU-Abgeordnete aufgrund von Stasi-Vorwürfen ihren Mandatsverzicht erklärt hatten, war für Gies, seinen späteren Innenminister Wolfgang Braun sowie den früheren Stellvertreter Joachim Gaucks im Volkskammer-Sonderausschuss zur Kontrolle der MfS-Auflösung, Ralf Geisthardt, der Weg ins Landesparlament frei.

Nachdem bekannt wurde, dass Gies mit zweifelhaften MfS-Unterlagen nicht nur frühere Stasi-Täter, sondern auch Stasi-Opfer unter Druck gesetzt und zum Mandatsverzicht zu nötigen versucht hatte, entzog ihm die eigene Fraktion im Juli 1991 das Vertrauen, worauf Gies als Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt zurücktrat. 1994 gelang ihm zwar noch einmal die Wiederwahl in den Landtag, eine bedeutende Rolle spielte er hier jedoch nicht mehr. Zur Landtagswahl 1998 verzichtete der heute 56-jährige auf eine Kandidatur, er ist heute Geschäftsführer einer Ingenieur- und Planungsfirma in Magdeburg.

Eberhard Löblich

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