zum Hauptinhalt

Was zünden kann: Im Libanon glimmt bereits die Lunte

Seit dem Massenrücktritt der elf Hisbollah-Minister und ihrer Verbündeter taumelt der Zedernstaat einem neuen Bürgerkrieg entgegen.

Die Situation im Libanon könnte die nächste Explosion in der arabischen Welt auslösen. Seit dem Massenrücktritt der elf Hisbollah-Minister und ihrer Verbündeter taumelt der Zedernstaat einem neuen Bürgerkrieg entgegen. Was am vergangenen Dienstag mit dem Sturz der vom Westen gestützten Regierung Saad Hariri begann, kann sich bald zu einer blutigen Staatskrise auswachsen. Unversöhnlich stehen sich die beiden Lager gegenüber. Immer tiefer spaltet der Mord an dem beliebten Ex-Premier Rafik Hariri die kleine Nation am Mittelmeer. Am Montag eilen nun der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan und Qatars Scheich Hamad bin Khalifa al-Thani nach Damaskus, um mit Syriens Präsident Bashar Assad nach Auswegen aus der Krise zu suchen.

Denn am Wochenende hatte das „Sondertribunal für den Libanon“ in Den Haag durchsickern lassen, Anklagevertreter Daniel Bellemare werde Anfang der Woche Untersuchungsrichter Daniel Fransen seine Ermittlungen zu dem Bombenanschlag am 14. Februar 2005 vorlegen – zusammen mit einer Namensliste der Verdächtigen. Nach Angaben der französischen Zeitung „Le Monde“ haben die Fahnder keine Zweifel, dass die Täter in den Reihen der Hisbollah zu suchen sind.

In sechs bis zehn Wochen will Fransen entscheiden, ob und gegen wen er Anklage wegen des Mordes an Rafik Hariri und seinen 22 Begleitern erheben wird. Im September könnte dann der weltweit erste Terrorprozess vor dem internationalen Gerichtshof beginnen – ein Schritt, den Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah unter allen Umständen verhindern will.

Seit Monaten denunziert der bärtige Geistliche das Hariri-Tribunal als „israelische und amerikanische Verschwörung“. Am Sonntagabend wandte er sich im Fernsehen „an die libanesische Nation“ und bekräftigte, die Hisbollah werde „ihre Würde, ihre Existenz und ihr Ansehen“ verteidigen. Gleichzeitig versuchen seine politischen Mitstreiter, Staatspräsident Michel Sleiman zu überzeugen, einen Sunniten „mit Verdiensten im Widerstand“ mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Ein solcher der Hisbollah genehmer Premier könnte dann – so das Kalkül – die Kooperation mit dem Tribunal beenden. Rafik Hariris Sohn Saad hatte dies stets abgelehnt. „Dies ist nicht geschehen und wird nicht geschehen“, ließ er erklären und steuerte aus der Staatskasse knapp die Hälfte der Mittel für Den Haag bei.

Nasrallah aber weiß, dass der Nimbus seiner „Partei Gottes“ auf den arabischen Straßen schweren Schaden nehmen wird, sollten ihre Kader die Megabombe gegen den populären Ex-Premier tatsächlich gezündet haben. Und offenbar kennt er die Fahndungsakten genug, um deren Substanz einschätzen zu können.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false