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Politik: Weg vom Pranger

Israel erscheint vor dem UN-Menschenrechtsrat – und hofft auf eine diplomatische Gegenleistung.

Genf - Israel am Pranger. Das ist bei den Vereinten Nationen politische Routine. Gründe für kritische UN-Resolutionen haben israelische Regierungen oft geliefert – von überzogen hartem Vorgehen ihrer Streitkräfte im Gazastreifen bis zum Ausbau von Siedlungen in widerrechtlich besetzten palästinensischen Gebieten. Doch Israel klagt wohl nicht zu Unrecht, es werde in der Weltorganisation unfair behandelt, einseitig beschuldigt und isoliert.

Auf einer Welle des Unmuts vieler Israelis mit den UN verkündete im März 2012 der offen palästinenserfeindliche damalige Außenminister Avigdor Lieberman einen Boykott des UN-Menschenrechtsrates. Auslöser war dessen Entscheidung, einen weiteren Berichterstatter zur umstrittenen israelischen Siedlungspolitik einzusetzen.

Am Dienstag kehrte Israel zurück, stellte sich Kritik und erhob zugleich eine Forderung: „Die unfaire Behandlung Israels muss aufhören“, sagte dessen UN-Missionschef Eviatar Manor. Dass dies so kommt, erscheint zweifelhaft. Arabische Staaten „begrüßten“ Israel mit den bekannten – mehr oder auch weniger berechtigten – Vorwürfen.

Vermutlich unfreiwillig leistete Syrien einen Beitrag zur Illustration dessen, was Israel an dem Gremium stört. Auf die Vorhaltungen der Vertreterin des Assad-Regimes erwiderte Israels Botschafter erwartungsgemäß, man akzeptiere keine Belehrungen von einem Regime, das Hunderttausende umgebracht habe. Dennoch: Bei Israels Freunden hatte der UN-Boykott Bestürzung ausgelöst. Seinen Gegnern spülte der Schritt Wasser auf die Gebetsmühlen, die den „Judenstaat“ seit jeher als Ursache allen Übels im Nahen Osten zu brandmarken versuchen.

Die turnusmäßige Anhörung Israels hatte schon im Januar auf der Tagesordnung gestanden. Wegen des Boykotts wurde der Termin auf Oktober verschoben. Er wäre diesmal auch ohne Israel über die Bühne gegangen. Davor warnten Verbündete. Deutschlands amtierender Außenminister Guido Westerwelle (FDP) schrieb an Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Israels Fernbleiben würde zu noch stärkerer Kritik im Menschenrechtsrat und in anderen UN-Gremien führen. „Als Freunde Israels wollen wir dies natürlich vermeiden.“

In dem Schreiben sicherte Westerwelle Israel Unterstützung für eine seiner wichtigsten Forderungen an das UN-Gremium zu. Dabei geht es um die Aufnahme Israels als Vollmitglied in die UN-Regionalgruppe Westeuropäische und andere Staaten (WEOG). Als einziger Staat konnte sich Israel bislang in Genf keiner der fünf für die politische Lobbyarbeit wichtigen Regionalgruppen anschließen. Seine Aufnahme in die WEOG, der neben den westeuropäischen Ländern sowie Australien, Kanada und Neuseeland die Türkei angehört, scheiterte am Veto Ankaras. Nun soll darüber im November entschieden werden. Israels Aufnahme gilt dank des Einsatzes Deutschlands als sicher. dpa

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