zum Hauptinhalt
Im Gelände bewegen und Schusswaffen benutzen sind Teile der Wehrpflicht. Welche Aspekte der Ausbildung in der verkürzten Wehrpflicht bleiben ist noch nicht entschieden.

© dpa/picture alliance

Wehrdienst: Sechs Monate in die Bundeswehr

Am 1. Juli beginnen zahlreiche Männer ihren Wehrdienst. Wie lange sie bleiben, ist noch unklar. Im September will Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) Vorschläge für eine Bundeswehrreform machen.

Einen Tag bevor es losgeht, hat Philip Rhein noch nicht gepackt: „Viel muss ich ja nicht zur Bundeswehr mitnehmen.“ Ein lustiger Ausflug ist es nicht, vielmehr eine unangenehme Unterbrechung in Philipps Leben. Nach seinem Realschulabschluss wurde der Berliner zur Musterung eingeladen. Doch weil er schon einen Ausbildungsplatz hatte, ließ sich die Bundeswehr vertrösten. Nach drei Jahren Ausbildung und zwei Jahren Berufsleben kam dann erneut der Bescheid. Am 1. Juli muss Philip nun seine Arbeit als Luftfahrttechniker für sechs Monate gegen den Wehrdienst in Uniform eintauschen – drei Monate kürzer als ihre Vorgänger.

Nach langen Diskussionen und noch längeren Spekulationen, ob der Wehrdienst komplett abgeschafft werden soll, hat der Bundestag Mitte Juni die Verkürzung beschlossen. Auf die 13.370 Wehrpflichtigen, die diesen Sommer eingezogenen wurden, kommen zwei oder drei Monate Grundausbildung zu, in denen sie sich unter anderem mit dem Wehrrecht beschäftigen, das Schießen lernen und wie man sich im Gelände bewegt. Die restlichen Monate stehen verschiedene Themen auf dem Stundenplan, abhängig davon, ob die Zeit im Heer, in der Marine oder in der Luftwaffe verbracht wird. In der Übergangszeit bis zu einer einheitlichen Ausbildung, die ab dem 1. Januar 2010 gelten soll, entscheiden die jeweiligen Einheiten, welche Elemente die Ausbildung beinhaltet.

Die Qualität der Ausbildung soll nicht abnehmen. „Das ist eine Frage des Ausbildungsziels. Mit einem Drittel weniger Zeit kann natürlich nicht das gleiche Ergebnis erzielt werden“, so ein Sprecher des Bundesministeriums. Diese Ziele sollen in nächster Zeit festgelegt werden, bis dahin gelte die Übergangszeit. Allerdings sei klar, dass Spezialausbildungen, wie etwa der LKW-Führerschein, nun nicht mehr möglich seien.

Wie seine Zeit in einer Kaserne in Niedersachsen aussehen soll, weiß Philip Rhein noch nicht. „Die Informationen, die ich habe, kenne ich aus den Nachrichten.“ Da für seine Einheit ein neuer Ausbilder zuständig ist, kann Philip nicht einmal planen, ob er am nächsten Wochenende nach Hause fährt. Das ist für den 22-Jährigen ärgerlich, weil an diesem Samstag sein Abiball stattfindet. In der Abendschule machte der Berliner aus Treptow-Köpenick sein Abitur nach, tagsüber hat er in der Luftfahrttechnik gearbeitet. Eigentlich hatte Philip gehofft, in die Luftwaffe zu kommen, um seine beruflichen Kenntnisse einbringen zu können. Doch die mündliche Zusage, die er bekommen hatte, stellte sich als nichtig heraus und so wird er sich nun statt mit Flugzeugturbinen mit Panzern beschäftigen.

Bei seiner Musterung hatte Philip angeboten, seine Wehrpflicht um zwei Monate zu verlängern, wenn er in seinem Wunschgebiet eingesetzt wird. Da dieses nun nicht der Fall ist, möchte er nur sechs Monate dienen. Den Dienst können die Eingezogenen auch im Falle einer Verkürzung auf bis zu 23 Monate aufstocken. Dieses Jahr haben sich 2270 Wehrpflichtige dazu entschieden, länger zu bleiben. Diese Freiwilligen werden möglicherweise bei Auslandseinsätzen dabei sein. Der Zivildienst, der laut Grundgesetz die gleiche Dauer wie der Wehrdienst hat, kann freiwillig um drei bis sechs Monate aufgestockt werden.

Der Bundesrat wird sich mit der Verkürzung noch beschäftigen, allerdings sieht die schwarz-gelbe Koalition keine Notwendigkeit für dessen Zustimmung. Ist das Gesetz durch alle gesetzgeberischen Hürden, können also Philip und seine Kameraden am 31. Dezember nach Hause. Überlegen es sich die Politiker anders, müssen die Wehrpflichtigen bis Ende März bleiben. Die Bundeswehr stellt sich schon darauf ein, ab kommendem Jahr die Wehrdienstleistenden an acht statt an vier Terminen einzuberufen.

Im September will Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) Vorschläge für eine Bundeswehrreform machen. Dabei soll auch geprüft werden, ob der Wehrdienst finanziell überhaupt aufrechterhalten werden kann. Guttenberg hat in der Diskussion einen längeren Freiwilligen-Wehrdienst anstelle der Wehrpflicht angeregt.

Philip hat mit seinem Betrieb Glück gehabt. Mit seinem Vorgesetzten hat er die Situation besprochen. Sofern er bis Januar 2011 verfügbar ist, wird ihm ein neuer Sechs-Monats-Vertrag angeboten. „Mein Chef hat mich schon gebeten, ihm so schnell wie möglich ein Dokument zu schicken, auf dem steht, wann ich wieder arbeiten kann, der möchte schließlich auch wissen, wann er mit mir rechnen kann.“ Eine Abschiedsfeier auf der Arbeit macht Philip nicht, „ich komme ja wieder.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false