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Politik: Weinkönig Kurt

Ministerpräsident Beck ist zehn Jahre im Amt – seinen volkstümlichen Politikstil lobt selbst die CDU

Als Klaus von Dohnanyi vor einem Vierteljahrhundert von Bonn nach Mainz geschickt wurde, um die rheinland-pfälzische SPD ein wenig „aufzurütteln“, entdeckte er ein „Talent“ namens Kurt Beck. Er überredete ihn, für den Landtag zu kandidieren. Beck tat wie ihm vorgeschlagen – nicht ahnend, dass er an diesem Dienstag sein „Zehnjähriges“ als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz feiern darf. Am 26. Oktober 1994 wurde Beck als Nachfolger des damals in den Bundestag gewechselten Rudolf Scharping (SPD) vom Landtag in Mainz gewählt und vereidigt.

Auf mehr Jahre haben es im Lande nur die CDU-Größen Peter Altmeier (22 Jahre) und Bernhard Vogel (12) gebracht. Zumindest letzteren möchte Beck gerne noch überholen. Darum mahnt er die Seinen, sich trotz aller Zerstrittenheit der CDU des Wahlsieges in zwei Jahren nicht zu sicher zu sein: „Uns werden keine gebratenen Tauben in den Mund fliegen.“

Dass er überhaupt so weit gekommen ist, verdankt er nach Ansicht Vogels zwar „nicht der SPD-Politik, sondern allein unserer Dusseligkeit.“ Aber auch sein einstiger Vorgänger stuft Beck als konsensorientierten Politiker ein, der „nicht zu den Trommelschlägern, sondern zu den Verantwortungsbewussten in der SPD zählt“. Während führende Sozialdemokraten die Leistungsbilanz ihres Chefs mit der mancher Vorgänger auf eine Stufe stellen, mag man dies in den Reihen der CDU so nicht akzeptieren. Mit einer Ausnahme: dem Image. Denn dass Beck bei den Leuten ankommt, bezweifelt auch im gegnerischen Lager niemand.

Als größte Leistung des 55-Jährigen gilt, die Herausforderung durch den Abzug zehntausender amerikanischer und französischer Soldaten gemeistert zu haben. Man denke nur an die positive Entwicklung des Hunsrück-Flughafens Hahn. Spuren hat der gelernte Elektromechaniker auch in der Bildung hinterlassen. Mit Doris Ahnen machte er eine Frau zu seiner Schulministerin, die ganz in seinem Sinne den Ausbau der Ganztagsschulen forciert.

Die vergleichsweise niedrige Arbeitslosenquote von 7,5 Prozent findet die Opposition nicht „so doll“, schließlich pendelten zu viele Menschen zur Arbeit in benachbarte Bundesländer. Und sie beklagt die Schuldenlast von 24 Milliarden Euro. Kommentar von Becks Freunden: „Damit haben alle Bundesländer zu kämpfen. Unser Haushalt bleibt stets im Rahmen der Verfassungsgrenzen.“

Becks Stärke beschreibt der Mainzer Politikwissenschaftler Jürgen Falter so: „Er wirkt auf jedem Weinfest so, als fühle er sich wohl. Gleichzeitig ist er in der Lage, bei akademischen Veranstaltungen Intellektuelle für sich einzunehmen.“

Stephan Lüke[Mainz]

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