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Frankreich und das Kopftuch: Weltanschaulicher Kleinkrieg um Zentimeter

Frankreich debattiert darüber, wie lang ein Rock sein darf, bis er zum religiösen Symbol wird. Gut, dass das Bundesverfassungsgericht Deutschland eine andere Richtung vorgibt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Anna Sauerbrey

Ich trage meinen Rock wie ich will – #JePorteMaJupeCommeJeVeux, dieses Twitter-Stichwort ist Teil einer lebhaften Debatte, die seit einigen Tagen Frankreich bewegt. Auslöser war ein Bericht in einer Lokalzeitung. Ein Mädchen, 15 Jahre alt und Muslimin, war mehrfach in einem knöchellangen, schwarzen Rock zur Schule gekommen. Die Direktorin der Schule in dem Ardennen-Ort Charleville-Mézière sah darin „ein ostentatives Zeichen religiöser Abgrenzung“ und schloss das Mädchen im April zwei Mal vom Unterricht aus. Die Schülerin trägt ein Kopftuch, vor der Schule legt sie es allerdings ab. Die genauen Hintergründe sind noch unklar. „Le Monde“ berichtet, das Tragen des Rockes sei von den Lehrern als Reaktion auf einen Streit um das Kopftuchtragen interpretiert worden, also als Geste religiösen Protests.

Das Mädchen trägt ein Kopftuch, nicht aber in der Schule

Im Netz, aber auch in Politik und Presse, gingen die Wogen hoch. Am Donnerstag äußerte sich auch Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem. Nicht der Rock an sich, sondern der Bekehrungseifer sei problematisch, sagte sie. Keine Schülerin könne aufgrund eines Rockes ausgeschlossen werden. Gleichzeitig stellte sie sich hinter die Direktorin, die richtigerweise versuche, das Gesetz über die religiöse Neutralität der Schule durchzusetzen.

Seit 2004 ist das „ostentative Tragen religiöser Symbole“ in der Schule in Frankreich verboten. Anders als beim Burkaverbot von 2011 sagt diese Norm jedoch nicht, was genau ein „religiöses Symbol“ ist. Das diente dazu, dem Gesetz einen allgemeineren Charakter zu geben – obwohl klar war, dass vor allem unterbunden werden sollte, dass Mädchen mit Kopftüchern in die Schulen kämen. Ein Rock habe „offensichtlich“ keine religiöse Bedeutung, hieß es nun von der „Beobachtungsstelle für religiöse Neutralität“, die seit 2013 den Ministerpräsidenten berät. Doch so einfach ist es eben nicht.

Das Land verzettelt sich in einen weltanschaulichen Kleinkrieg um Stoffzentimeter

Das französische Beispiel zeigt, wohin der Verbotsweg führt: In einen weltanschaulichen Kleinkrieg darum, bei welchen Temperaturen wie viel Kleidungszentimeter noch angemessen oder schon ein politisches Statement sind. Unsere Nachbarn führen uns vor, dass sich religiöse Neutralität nicht erzwingen lässt, schon gar nicht in den Schulen – einmal ganz abgesehen davon, ob sie wünschenswert ist. Der Streit in Frankreich erinnert noch einmal daran, wie wichtig und richtig es ist, dass das Bundesverfassungsgerichts mit seinem jüngsten Urteil zum Kopftuch für Deutschland einen anderen Weg vorgibt. Das Gdass das Bundesverfassungsgerichts mit seinem jüngsten Urteil zum Kopftuch für Deutschland einen anderen Weg vorgibt. Das Gericht hat das Verbot von Kopftücherericht hat das Verbot von Kopftüchern in einigen Landesgesetzen wieder aufgehoben.

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