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Weltbank: Letzte Schonfrist für Wolfowitz

Jetzt wird es eng: Die Entscheidung des Untersuchungsausschusses steht kurz bevor. Paul Wolfowitz soll in seiner Funktion als Weltbank-Chef seiner Freundin einen besser bezahlten Job zugeschustert haben.

Washington - Nach schweren Vorwürfen der Vetternwirtschaft in einem Untersuchungsbericht steht eine Entscheidung über die Zukunft von Weltbank-Präsident Paul Wolfowitz (63) anscheinend kurz bevor. Am Dienstagabend (Ortszeit) sollte Wolfowitz eine letzte Gelegenheit erhalten, sich vor dem Exekutivrat der Bank zu den Anschuldigungen zu äußern. Danach wollte das Führungsgremium seine Abschlussberatungen aufnehmen. In dem am Montagabend (Ortszeit) veröffentlichten Untersuchungsbericht wird Wolfowitz angelastet, seine eigenen Interessen über die der Bank gestellt zu haben.

Wolfowitz habe gegen ethische Regeln verstoßen, weil er seine ebenfalls in dem Institut beschäftigte Lebensgefährtin auf einen Posten mit mehr Gehalt befördert habe. Durch die dadurch ausgelöste Kontroverse sei die Weltbank in eine Führungskrise gestürzt worden. "Das Ansehen und die Glaubwürdigkeit bei den Geldgebern und Kreditnehmern wurden in Zweifel gezogen", heißt es in dem 52-seitigen Bericht des siebenköpfigen Ausschusses weiter. Der 63-Jährige lehnte bislang einen Rücktritt ab, die Vorwürfe bezeichnete er als "Schmutzkampagne".

Fragwürdiges Urteilsvermögen

Wiederholt nennt das Untersuchungsgremium Wolfowitz' Verhalten Besorgnis erregend und wirft ihm vor, im Zuge seiner Verteidigung öffentlich abfällige Äußerungen über die Weltbank gemacht zu haben. Von Anfang an habe er sich selbst als eine Person betrachtet, "für die Regeln und Standards nicht gelten", stellt der Ausschuss fest. Dieses Verhalten zeuge von fragwürdigem Urteilsvermögen und davon, dass Wolfowitz seine eigenen Interessen über die der Bank gestellt habe.

Das Untersuchungsgremium gibt zwar keine konkreten Empfehlungen. Es dringt aber darauf, dass der Exekutivausschuss "wegen des Schadens für die Reputation der Bank" die Diskussion darüber eröffnet, "ob Herr Wolfowitz noch die Führungsfähigkeiten bieten kann", die die Bank für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötige.

Vor allem die europäischen Mitglieder der Weltbank dringen auf einen Rücktritt von Wolfowitz. Wie es vorab in Medienberichten hieß, wollen sie jedoch erreichen, dass er sein Amt freiwillig aufgibt, um eine Spaltung bei einer Abstimmung im Exekutivrat zu vermeiden. US-Präsident George W. Bush hat sich wiederholt öffentlich für Wolfowitz stark gemacht. Vor diesem Hintergrund wurde erwartet, dass der Exekutivrat keine Entlassung von Wolfowitz beschließt, sondern ihm das Misstrauen ausspricht. Damit wäre er praktisch zum Rücktritt gezwungen.

China distanziert sich von Wolfowitz

Auch China hat sich indirekt von Wolfowitz distanziert. Die Sprecherin des Außenministeriums in Peking, Jiang Yu, sagte vor Journalisten, China gehe davon aus, dass der Exekutivrat in Washington in der Lage sei, die Weltbank nach den Grundsätzen der Fairness und Gerechtigkeit "wieder auf den rechten Weg zu bringen". Eine Lösung solle durch Verhandlungen, nicht Konfrontation gefunden werden.

Wolfowitz war als früherer US-Vizeverteidigungsminister maßgeblich an der Vorbereitung des Irakkriegs beteiligt. 2005 wechselte er auf Vorschlag Bushs zur Weltbank und beschaffte als deren neuer Präsident seiner Lebensgefährtin Shaha Riza einen deutlich höher bezahlten Posten mit einer automatischen jährlichen Gehaltserhöhung. Wolfowitz selbst beharrt darauf, dass der Ethik-Ausschuss der Bank ihm grünes Licht dafür gegeben habe, seine Freundin für die Nachteile einer Versetzung zu kompensieren, die durch seinen eigenen Wechsel zur Einrichtung nötig geworden sei.

An diesem Freitag wird Wolfowitz zum Treffen der G8-Finanzminister bei Potsdam erwartet. Er sei eingeladen und habe zugesagt, hieß im Bundesfinanzministerium in Berlin. Wolfowitz solle vor den Finanzministern der sieben führenden Industrieländer und Russlands (G8) sowie Afrikas unter anderem über ein Weltbank-Programm gegen Bestechungsgelder sowie illegale Vermögenstransfers reden. (tso/dpa)

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