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Ankunft in Leipzig: Nun muss die Integration der Flüchtlinge organisiert werden.

© dpa

Asylzahlen und Integrationskosten: Wenig neue Flüchtlinge in Deutschland

Innenminister de Maizière hat neue Asylzahlen vorgestellt, einen "dramatischen Anstieg" gebe es nicht. „Die Situation kann sich aber wieder verschlechtern.“

Zur Mitte des Jahres zeichnet sich kein neuer dramatischer Anstieg der Flüchtlingszahlen in Deutschland ab. Das sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag bei der Vorstellung der aktuellen Asylzahlen. „Die Situation kann sich aber wieder verschlechtern“, fügte der Minister hinzu. Eine seriöse Prognose für das gesamte Jahr könne er daher nicht abgeben. Im ersten Halbjahr 2016 wurden in Deutschland insgesamt 222.264 Asylsuchende registriert. Da sich darunter aber auch viele Flüchtlinge befinden, die schon im vergangenen Jahr eingereist waren, damals aber nur in den aufnehmenden Kommunen, nicht jedoch bei Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) registriert wurden, ist die Zahl der tatsächlichen Neuankömmlinge deutlich niedriger.

Die Bundespolizei erfasste 2016 bisher rund 122.600 Grenzübertritte von Flüchtlingen. Im Juni waren es mit 4.900 gut 400 mehr als noch im Mai, im Vergleich zum Januar mit fast 65.000 aber weiter sehr wenige.

Angesichts verbesserter Wetterbedingungen überqueren inzwischen zwar wieder mehr Flüchtlinge das zentrale Mittelmeer mit dem Ziel Italien, rund 71.000 Flüchtlinge erreichten das EU-Land seit Jahresbeginn, fast genauso viele wie im ersten Halbjahr 2015. „Doch anders als im vergangenen Jahr verhält sich Italien korrekt und registriert sie ordnungsgemäß. Deshalb kommen kaum Flüchtlinge nach Deutschland“, erklärte de Maizière. Die Anlandung in Griechenland sei mit dem Schließen der Balkanroute und insbesondere durch das EU-Abkommen mit der Türkei erheblich zurückgegangen. „Wir sehen daran, dass die Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene greifen.“

Professionelle Banden schleusten aber weitere kleine Flüchtlings-Gruppen über den Balkan bis nach Deutschland. Außerdem reisten vermehrt Flüchtlinge über die Schweiz und über Polen ein. Aus Osteuropa kommen de Maizière zufolge vor allem Tschetschenen.

Der Antragsstau beim Bamf ist indes nicht kleiner geworden. Im Gegenteil: 500.000 Asylanträge liegen der Behörde zur Bearbeitung vor, 100.000 mehr als Ende des ersten Quartals 2016. Trotz einer Verdreifachung des Personals ist es also bisher nicht gelungen, die Rückstände aus dem vergangenen Jahr abzuarbeiten. 150.000 Asylsuchende, die im vergangenen Jahr eingereist sind, warten sogar noch immer darauf, einen Antrag stellen zu können. Nach Angaben von Behördenchef Frank-Jürgen Weise sind dies jene Flüchtlinge, die bisher nicht zentral registriert wurden. Vor wenigen Monaten seien es noch deutlich mehr gewesen. „Wir sind hier gut vorangekommen“, sagte Weise.

Länder zufrieden mit Integrationshilfen vom Bund

Die Zahl der Abschiebungen und die der freiwilligen Ausreisen abgelehnter Asylbewerber ist nach Aussage von de Maizière 2016 deutlich gestiegen. 37.000 waren es demnach seit Jahresbeginn; im gesamten Jahr 2015 hingegen 59.000. Zuständig sind hier die Bundesländer. Die Kooperation zwischen Bund und Ländern bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise, die im vergangenen Jahr nicht immer reibungslos lief, funktioniert de Maizière und Weise zufolge sehr gut.

Die zurückgehenden Flüchtlingszahlen haben auch den Kompromiss bei der Aufteilung der Integrationskosten erleichtert, den Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder am Donnerstagabend vereinbart haben. Es sei ein „akzeptables Ergebnis“, sagte Hessens Regierungschef Volker Bouffier (CDU) am Freitag – ähnlich formulierten es auch andere Ministerpräsidenten. Die angestrebte hälftige Teilung sei nicht gelungen, sagte der Bremer Bürgermeister Carsten Sieling (SPD). In Länderkreisen wurde geschätzt, dass der Bundesanteil nun zwischen 35 und 40 Prozent liegt. „Damit schaffen wir es gerade so“, sagte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). Sieling betonte, dass der für die Jahre 2016 bis 2018 gefundene Kompromiss nur zu halten sei, wenn es keine „ruckartigen Veränderungen“ gebe – also keinen deutlichen Anstieg der Flüchtlingszahlen. Der Bund fand sich bereit, den Ländern nochmals sieben Milliarden Euro mehr zuzugestehen – mittels einer Integrationspauschale von je zwei Milliarden Euro im Jahr bis 2018 und je 500 Millionen Euro für den Wohnungsbau in den Jahren 2017 und 2018.

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