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Politik: Wenn Nähe gefährlich wird

Bremerhaven – Fast könnte man den Eindruck gewinnen, ihm mache das alles nichts aus. Der Niedergang in den Umfragen, die entwürdigende Diskussion in der SPD um seine Eignung als Kanzlerkandidat.

Bremerhaven – Fast könnte man den Eindruck gewinnen, ihm mache das alles nichts aus. Der Niedergang in den Umfragen, die entwürdigende Diskussion in der SPD um seine Eignung als Kanzlerkandidat. Kurt Beck wirkt an diesem Freitagmorgen in Bremerhaven lange Zeit beeindruckend unbeeindruckt.

Der SPD-Chef sitzt in der Aula der Geschwister-Scholl-Schule auf dem Podium und beantwortet Fragen von Gymnasiasten. Es geht unter anderem um politisches Engagement, um die Globalisierung, um Europa. Es sind komplizierte, aber auch dankbare Themen. Sie bieten Beck Gelegenheit, lange reden zu können, ohne über die Krise der SPD zu sprechen.

Der Auftritt ist Teil einer von Beck initiierten Deutschlandtournee. Dabei sollen führende Genossen mit den Bürgern ins Gespräch kommen. Beck glaubt, dass er selbst bei den Menschen in und außerhalb der SPD besonders gut ankommt, wenn er den direkten Kontakt sucht. In der Aula der Geschwister-Scholl-Schule erweist sich diese Vermutung nur bedingt als richtig. Über ein Stunde lang präsentiert sich Beck als gelassener Diskussionspartner. Dann meldet sich eine 18-jährige Abiturientin namens Nele Dänenkamp zu Wort, die ausweichende Antworten nicht ausstehen kann. Von Beck will sie in Anspielung auf seinen Kursschwenk im Umgang mit der Linken wissen, ob er sich als Wähler „betrogen fühlen würde“, wenn „eine Partei X nach der Wahl doch eine Koalition eingeht mit der Partei Y“.

Beck antwortet länglich. Er verweist darauf, dass in Hessen lediglich die Duldung einer rot-grünen Minderheitsregierung hätte ausgelotet werden sollen. Er erinnert an andere Wahlversprechen der Hessen-SPD, denen die Partei ebenfalls verpflichtet sei. Er wirbt um Verständnis für die „Zwickmühle“ in der sich Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti befunden habe. In der Aula wird es unruhig. Dänenkamp spricht dem SPD-Chef dazwischen. Der ruft zur Ordnung: „Also ich muss Sie schon bitten, die Zusammenhänge auch zu hören. Sie bleiben auf dieser Ebene dieser schönen allgemeinen Empörung. Weil es ja so schön ist, sich zu empören. So kommt man keinen Millimeter näher an die Problematik.“ Nele Dänenkamp keilt zurück: „Aber Sie kommen meiner Frage auch keinen Millimeter näher.“ Applaus im Saal, der Beck noch wütender macht. Im weiteren Verlauf des Wortwechsels verbittet er sich die Zwischenrufe: „Also nicht so flapsig. Das hat keinen Sinn.“ Noch einmal trägt er seine Gründe für den Strategiewechsel im Umgang mit der Linken vor. Dann ist die Fragestunde zu Ende. Beck eilt zu seinem Dienstwagen, Fragen der Journalisten beantwortet er in gereiztem Ton. Vielleicht ist ihm aufgegangen, dass sein Glaubwürdigkeitsproblem als Kanzlerkandidat beim Thema Koalitionen mit der Linken kaum zu bewältigen wäre. Stephan Haselberger

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