zum Hauptinhalt

Politik: Wenn Umstürzler den Umsturz fürchten

Georgiens bisherige Opposition warnt vor einem Militärputsch. Gegen die neue Führung gehen nun Studenten auf die Straße

Sie selbst hatten wochenlang gegen Präsident Eduard Schewardnadse protestiert – und ihn am Ende zum Rücktritt gezwungen. Doch nun sehen sich die neuen Machthaber in Georgien selbst erstmals mit Protesten konfrontiert. Noch dazu aus einer völlig unerwarteten Richtung. Hunderte Studenten der Universität Tiflis demonstrierten am Donnerstag gegen die Entlassung ihres Rektors. Auf dessen Rauswurf hatte zuvor eine mit Oppositionsführer Michail Saakaschwili verbündete Jugendorganisation bestanden. Die Studenten drohen nun mit einer Dauer-Demonstration vor dem Parlament. Anhänger des alten Regimes versuchen derweil, den Protest der Studenten auch in politische Bahnen zu lenken.

Doch damit nicht genug: Teile des Offizierskorps planten eine Verschwörung, warnte Saakaschwili, der gemeinsame Kandidat der bisherigen Opposition für die Präsidentenwahlen im Januar. Ihr Ziel sei es jedoch nicht, den entmachteten Staatschef Schewardnadse wieder einzusetzen, sondern eine Militärdiktatur. Derartigen Versuchen werde man jedoch „eine entschiedene Abfuhr erteilen“, betonte Saakaschwili im georgischen Fernsehen.

Als neuen Staatssekretär im Range eines Regierungschefs bestätigte das Parlament am Donnerstag den Ex- Parlamentschef Surab Schwanija. Er soll offiziell zum Regierungschef Georgiens ernannt werden, sobald das Parlament dieses Amt wieder eingeführt hat.

In Moskau beraten derzeit die Chefs der abtrünnigen Regionen – Abchasien, Südossetien und Adscharien – über das weitere Vorgehen, an diesem Freitag kommt Russlands Außenminister Igor Iwanow dazu. Die Provinzfürsten kritisieren den Machtwechsel als verfassungswidrig. Voraussetzung für die Wiederaufnahme der Kontakte zu Tiflis, bilanzierte Südossetiens Eduard Kokoiti, sei eine demokratisch legitimierte Macht. Die Wahlen selbst seien innere Angelegenheit Georgiens – und damit eines anderen Staates. Bei „negativen Entwicklungen in Tiflis“, sagte Adscharen-Präsident Aslan Abaschidse, hoffe er auf Unterstützung durch die russischen Truppen in der adscharischen Hauptstadt Batumi. Moskaus Verteidigungsminister Sergej Iwanow hatte zwar erklärt, Russland werde nicht in den Konflikt eingreifen. Doch 70 Prozent von Moskaus Soldaten in Batumi sind Adscharen. Diese werden „die Interessen ihrer Region verteidigen“, sagte Abaschidse. Interimspräsidentin Nino Burdschanadse betonte indes, US-Präsident George W. Bush hätte ihr Unterstützung „bei allen inneren und äußeren Bedrohungen“ zugesagt.

Die Übergangspräsidentin kündigte an, die Besitzverhältnisse von Schewardnadses Familie auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Die Immunität des Ex-Staatschefs bleibe aber gewahrt, sagte sie der Deutschen Welle. Schewardnadses Clan war von der Opposition vorgeworfen worden, in die weit verbreitete Korruption verwickelt zu sein.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false