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Politik: Wenn’s brennt, erst mal ein Formular

Auch für den Mittelstand gibt es Geld in der Not – aber kein Minister hilft im Eiltempo wie bei Mobilcom

Von Dieter Fockenbrock

Werner Müller verteidigt tapfer sein Hilfspaket für Mobilcom: „Hundert Mal am Tag wird mit verbürgten Krediten dem Mittelstand geholfen“, behauptet der parteilose Wirtschaftsminister. Beim Zentralverband des Handwerks türmen sich derweil die Protestschreiben „verbitterter und verzweifelter“ Meister. Sie können nicht begreifen, dass praktisch über Nacht 400 Millionen Euro für den norddeutschen Mobilfunker locker gemacht werden, sie aber mit ihren kleinen, nicht weniger die Existenz bedrohenden Problemen alleine gelassen werden. Wie eine Tischlermeisterin aus Schwerin: Zwölf Handwerker beschäftigt sie, zwei Lehrlinge werden ausgebildet. Drei Kunden mit dicken Rechnungen wollen oder können plötzlich nicht mehr zahlen – die Insolvenz droht. Doch kein Minister lässt sich blicken.

Nicht, dass es keine Förderprogramme gäbe, die kleinen und mittelständischen Betrieben aus einer akuten Notlage helfen könnten. Doch bis das Geld fließt, ist es oft zu spät. Müller hat für Mobilcom keine drei Tage gebraucht, um die „unverschuldete Notlage“ und zugleich die Sanierungsfähigkeit festzustellen. Im Normalfall braucht eine Bank dafür mindestens eine Woche, eher vierzehn Tage. Und wenn sich Bürgschaftsbanken, die Kreditanstalt für Wiederaufbau oder die Deutsche Ausgleichsbank einschalten, sind Wochen kein Thema mehr.

Dabei haben diese Institute durchaus etwas zu bieten, sagt der Minister und legt eine Erfolgsstatistik vor. Über staatlich verbürgte Kredite etwa, um vorübergehende Finanzlöcher zu stopfen – davon profitierten im letzten Jahr 750 Unternehmen und strichen 125 Millionen Euro ein. Oder die Hilfen zur Stärkung des Eigenkapitals ohne besondere Sicherheiten, macht 380 Millionen Euro. Beeindruckend die Zahl der Investitionskredite des Bundes für Mittelständler: 15 Milliarden Euro. Damit niemand mehr behaupten kann, für die Kleinen gebe es nichts. Die maulen trotzdem. Denn sie wissen, dass die Fördertöpfe des Bundes einem ganz anderen Zweck dienen als der Hilfe in höchster Not. Die meisten Programme sind etwas für gesunde Unternehmen, die ihre Expansions- und Modernisierungspläne finanzieren wollen und über genügend Sicherheiten verfügen. Doch damit können viele nicht dienen. Wenn es brennt, bleibt ihnen trotz Zeitnot nur der Weg durch die Instanzen, um an die begehrten Gelder zu kommen: Hausbank, Förderbank, Steuerberater – aber keine ordnende Hand eines Wirtschaftsministers. Der glaubt weiter an ein tägliches „Mobilcom im Kleinen“.

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