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Der Christdemokrat Thomas Strobl (links) wäre gern, was der populäre Grüne Winfried Kretschmann derzeit ist: Ministerpräsident in Baden-Württemberg.

© dpa

CDU in Baden-Württemberg: Wer soll Kretschmann herausfordern?

In der baden-württembergischen CDU stellt sich die Machtfrage: Wer wird nächster Spitzenkandidat im Südwesten? Das Ziel ist klar: Der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann soll abgelöst werden.

Eigentlich müsste die baden-württembergische CDU vor Kraft kaum laufen können: Mit 45,7 Prozent haben die Wähler ihr im September das beste Bundestagswahlergebnis aller Landesverbände beschert. Jetzt sitzen 43 statt bislang 37 Südwest-Christdemokraten im Parlament. Und im Spätherbst signalisierte auch noch eine Umfrage, dass, wäre Landtagswahl, die grün-rote Mehrheit trotz Winfried Kretschmanns überragender Popularität erstmals seit Frühjahr 2011 wieder weg wäre. Das verdichtet die Überzeugung, dass es nach fast 58 Regierungsjahren der CDU im Land eben doch sehr besondere Rahmenbedingungen waren, die Grün- Rot in die Regierung brachten: der ungeliebte Ministerpräsident Stefan Mappus, die Nuklearkatastrophe von Fukushima, wachsender Widerstand gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21.

Tiefer Absturz

Doch der Weg zurück an die Macht ist nach dem tiefen Absturz nicht so leicht, wie es die Prozentzahlen suggerieren. Das zeigt vor allem die ungeklärte Frage des CDU-Spitzenkandidaten für die Wahl im März 2016. Offiziell steht sie zwar noch nicht auf der Tagesordnung. Doch faktisch ist sie dort seit dem vergangenen Wochenende, als der seit Sommer 2011 amtierende Landesvorsitzende Thomas Strobl in einer Klausursitzung seiner Partei eine feurige, als Bewerbungsrede verstandene, stark beklatschte Ansprache hielt. Besonders aufhorchen ließ, dass der 53-jährige Heilbronner Bundestagsabgeordnete bei der Regierungsbildung in Berlin ein angeblich frei zu wählendes Staatssekretärsamt ausgeschlagen hat. Strobl will sich „mit ganzer Kraft“ auf seine Aufgaben im Land konzentrieren. „Die Spitzenkandidatur zieht er jetzt durch“, war sich ein Teilnehmer sicher.

Schäubles Schwiegersohn hat Ehrgeiz

Der Rechtsanwalt und Schwiegersohn Wolfgang Schäubles ist bestens vernetzt. Vor einem Jahr wurde er Stellvertreter der Parteivorsitzenden Angela Merkel, kürzlich Vize von Fraktionschef Volker Kauder. „Loyal und kameradschaftlich“ sieht er sich auch die Landesgruppe führen. Als Landesparteichef kann sich der Profi Strobl gutschreiben, mit großem Einsatz einiges dafür getan zu haben, um die darniederliegende Südwest-CDU wieder aufzurichten. Es wird wieder diskutiert, man reformiert sich zumindest zum Teil programmatisch.

Doch nicht nur Strobl, auch der gleichaltrige Landtagsfraktionschef Peter Hauk hat viel Ehrgeiz. Als die CDU noch dauerregierte, war sein Amt das Sprungbrett in das höchste Regierungsamt. Ob Erwin Teufel, Günther Oettinger oder Stefan Mappus: Immer stand der Fraktionschef parat, wenn es galt, den Ministerpräsidenten zu beerben. Dem gelernten Förster und früheren Agrarminister Hauk freilich trauen das die wenigsten zu. Auch wenn er im Sommer trotz der Gegenkandidatur Brigitte Schäubles (der Schwägerin des Bundesfinanzministers) mit großem Vorsprung Chef des starken nordbadischen Bezirksverbands wurde.

Fraktionschef Hauk oder Landtagspräsident Wolf?

In der Riege der 60 Landtagsabgeordneten wird Hauk vorgehalten, keine überzeugende Oppositionstrategie zu fahren. Fehlender Korpsgeist wird beklagt, laut über „das viel zu kleine Karo“ gestöhnt. Auch beim CDU-geneigten Publikum außerhalb des Landtags stößt Hauk auf Distanz. Ganz anders dagegen Landtagspräsident Guido Wolf. Der frühere Tuttlinger Landrat nutzt das machtpolitische Vakuum und reist und redet landauf, landab. Wolf findet in aller Regel den richtigen Ton, mal präsidial-mahnend, mal populär-aufmunternd. Wo er auftritt, kommt er an.

Ob Wolf auch den harten politischen Schlagabtausch kann, müsste er noch beweisen – als Fraktionschef. Der Landtagspräsident gilt inzwischen als entschlossen, gegen Hauk bei den turnusmäßigen Neuwahlen im Frühjahr anzutreten. Seine Erfolgsaussichten werden intern positiv eingeschätzt. Dass Wolf damit auch nach der Spitzenkandidatur greift, versteht sich von selbst. Von Strobl, der sowohl unter dem liberalen Oettinger wie unter dem konservativen Mappus gern austeilender Generalsekretär war, weiß man, dass er Kretschmann und Co. verbal Paroli bieten kann. Der einstige Burschenschaftler mit dem Schmiss war früher immer mal wieder für einen Schlag unter die Gürtellinie gut. Härter würde ein Wahlkampf mit Strobl als Herausforderer allemal.

Mitgliederentscheid - noch ohne Datum

Was die CDU-Mitglieder goutieren, weiß man nicht. Sicher ist nur, dass sie die Wahl haben. Ein Datum für den Mitgliederentscheid ist noch nicht festgelegt. Parteichef Strobl wäre es am liebsten, bis zur Kommunalwahl Ende Mai blieben zunächst alle auf ihren Posten. Ob danach verhindert werden kann, dass die baden-württembergische CDU wieder in zwei Lager zerfällt – wie schon einmal, als die Parteimitglieder zwischen Oettinger und Annette Schavan zu wählen hatten –, das ist offen.

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