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Asylländer: Wer, wenn nicht wir?

Die Flüchtlingskrise stellt Europa vor eine enorme Herausforderung. Die Länder in Afrika trifft es noch schlimmer und trotzdem meistern sie es - bisher. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Barbara John

Wie schaffen eigentlich extrem arme Länder, die als Nachbarn von Krisengebieten viele Flüchtlinge aufgenommen haben, deren Integration? Beispielsweise der Tschad, das Land, das pro tausend Einwohner mehr Flüchtlinge (700 000 insgesamt) beherbergt als Deutschland, trotz der großen Armut. Es rangiert nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds mit einem täglichen pro Kopf Einkommen von etwa zwei Dollar auf Platz 164 von 190 gelisteten Staaten. Im Tschad warteten keine Willkommensgruppen mit Transparenten auf Flüchtlinge. Ihre primitiven Behausungen - Zelte, Bretterbuden - wurden aber auch nicht wie hier angezündet. Der Tschad gehört neben den Ländern Mauretanien, Burkina Faso, Mali und Niger zu den Sahelländern. Die Gegensätze zwischen der EU und diesem Gebiet könnten größer nicht sein. Es vereint viele der schlimmsten Entwicklungsmiseren mit seinen riesigen Wüstenflächen, seiner Armut, und seinen ethnischen Konflikten. Ein Nährboden für Dschihadismus. Kein Traumkontinent wie Europa und dennoch ein Asylland, das zehntgrößte derzeit, und zwar ein Erst-Asylland.

Der Tschad bietet alles an, was er geben kann, nämlich Sicherheit in Armut. Aber das ist genau das, was Menschen brauchen, die sich in Lebensgefahr befinden. Migranten mit beruflichen und wirtschaftlichen Ambitionen ist das zu wenig. Wer kann es ihnen verdenken? Sie versuchen reiche Zweit-Asylländer zu erreichen und riskieren dabei ihr Leben. Am 1. September schaltete die Regierung des Tschad (bestimmt keine lupenreine Demokratie) in der Financial Times eine Anzeige mit der Überschrift „ Chad Shows the Way on Refugees“ (Tschad zeigt den richtigen Weg mit Flüchtlingen umzugehen) und warb um mehr internationale Unterstützung. Die Bundesregierung sagte bereits im Oktober 2016 eine Hilfe von 8,9 Millionen zu. Das ist ungefähr der Betrag, den Berlin für die hier lebenden fünfzigtausend Flüchtlinge an sieben Tagen ausgibt. Alles klar? Tschad kann es nicht schaffen. Nicht die einfache Integration und schon gar nicht eine entwicklungsorientierte für das ganze Land.

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