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Politik: Westerwelle auf Du und Du mit Lawrow

Minister angeblich auch über KSE-Vertrag einig

Moskau - Dezent gemusterte blauweiße Krawatte, frisch gegelt und fröhlich trotz des Nachtflugs aus Kabul: So präsentierte sich Außenminister Guido Westerwelle gestern beim Antrittsbesuch in Moskau. Auch die Chemie zwischen ihm und Gastgeber Sergej Lawrow stimmt offenbar. Der nannte den Deutschen mehrfach nur beim Vornamen, was weder hiesigen Gepflogenheiten noch Lawrows persönlichem Stil entspricht.

Diese Ehre war nicht einmal Westerwelles russophiler Amtsvorgänger Frank-Walter Steinmeier zuteil geworden. Ihn erwähnte Lawrow mit keiner Silbe. Umso ausführlicher würdigte er dafür die Meriten anderer FDP-Politiker im Außenamt, um dann der Hoffnung auf „Weiterentwicklung der deutsch-russischen Partnerschaft“ und „viele neue Projekte“ Ausdruck zu verleihen. Da rannte er offene Türen ein: Man wolle mehr, antwortete Westerwelle, „als nur gute Handels- und Wirtschaftspartner“ sein. Sogar von „strategischer Partnerschaft ohne Wenn und Aber“ war die Rede.

Konkret ging es um die Vertiefung der Beziehungen in allen Bereichen – von Kultur bis Justiz – und um die Dauerthemen der internationalen Politik. Von der Zusammenarbeit Russland–EU, vom Neustart der Beziehungen Russland–Nato einschließlich Abrüstung und Rüstungskontrolle über gemeinsame Bemühungen im Rahmen der G-20-Gruppe zur Überwindung der Wirtschafts- und Finanzkrise, bis hin zu Nahost, Iran und Afghanistan.

Ohne Russland, so Westerwelle, seien weder in Afghanistan noch beim Umgang mit Iran und dessen Kernforschungsprogramm Fortschritte möglich. Nahezu sensationell indes war, was Lawrow zum KSE-Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa zu sagen hatte. Russland hatte ihn Ende 2007 per Moratorium ausgesetzt, weil die Nato sich weigerte, die 1999 beschlossenen Anpassungen zu ratifizieren, die die Überlegenheit des Westens nach dem Ende des Warschauer Vertrags beseitigen sollten. Westerwelle indes, so Lawrow, habe Ratifizierungsbereitschaft der neuen Bundesregierung signalisiert.

Am Nachmittag war Westerwelle bei Präsident Dmitri Medwedew, anschließend traf er sich mit Vertretern der russischen Zivilgesellschaft. Bei den offiziellen Konsultationen spielte das Thema Menschenrechte indes nur eine untergeordnete Rolle. Auf die Frage nach Chodorkowski – gegen den Ex-Konzernchef läuft seit Frühjahr ein zweiter Prozess – reagierte Westerwelle sichtlich unangenehm berührt: Darüber sei „bisher nicht gesprochen worden“. Elke Windisch

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