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Hessen: Wiesbadener Rochaden

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier setzt im neuen Kabinett auf seine alte Riege. Meist allerdings auf anderen Posten als bisher. Bundesratsminister Michael Boddenberg steigt auf - er wird Fraktionschef.

Vielleicht hat sich der ehemalige Bundesliga-Handballer, der hessische CDU-Landesvorsitzende und Ministerpräsident Volker Bouffier, von Meistertrainer Pep Guardiola inspirieren lassen. Der verordnet seinen Kickern stets eine Rochade, wenn er mit deren Leistungen auf den Stammpositionen nicht zufrieden ist. Am Dienstag, nur fünf Tage vor der geplanten Vereidigung seines neuen Kabinetts, lüftete Bouffier das Geheimnis, wer für seine Partei am Kabinettstisch der neuen schwarz-grünen Landesregierung Platz nehmen wird. Keiner der bisherigen Ressortchefs fällt dabei durchs Raster. Allerdings müssen sich die meisten von Bouffiers Stammspielern neuen Aufgaben stellen.

Puttrich macht Bund und Brüssel

So wird die bisherige Umweltministerin Lucia Puttrich Hessen künftig in Brüssel und im Bundesrat vertreten, Eva Kühne-Hörmann wird Justizministerin, ihre bisherige Zuständigkeit für Wissenschaft und Kunst übernimmt der bisherige Innenminister Boris Rhein. Zum Innenminister befördert Bouffier seinen bisherigen Generalsekretär Peter Beuth, und im Kultusministerium steigt Staatssekretär Alexander Lorz zum Minister auf. Lediglich Finanzminister Thomas Schäfer, Staatskanzleichef Axel Wintermeyer und Sozialminister Stefan Grüttner behalten ihre Posten. Zum neuen Fraktionschef wählte die CDU Michael Boddenberg, bislang Bundesratsminister.

Tableau möglicher Nachfolger

Mit seiner Personalrochade vermeidet Bouffier offenbar bewusst jede Vorentscheidung über seine mögliche Nachfolge. Im Jahr der nächsten Landtagswahl, 2019, wird Bouffier 68 Jahre alt. Beobachter erwarten, dass der Ministerpräsident rechtzeitig vor dem nächsten Wahltermin seine Nachfolge regelt. Die Hälfte seiner Kabinettsmitglieder sowie Fraktionschef Boddenberg trauen sich diese Aufgabe zu. Indem Bouffier auch Ressortchefs, die in ihren Ämtern nicht unbedingt geglänzt haben, nicht entlässt, sondern versetzt, hält er sie im Spiel. So gilt auf den ersten Blick Noch-Innenminister Boris Rhein, der als CDU-Kandidat bei der Frankfurter Oberbürgermeisterwahl krachend gescheitert war, als Verlierer. Doch im neuen Amt wird Rhein für die Zukunftsthemen Wissenschaft und Forschung zuständig sein. Sein Nachfolger im Innenministerium, Peter Beuth, scheinbar klarer Sieger der Rochade, wird den geplanten Personalabbau im Landesdienst und die den Beamten verordnete Lohnzurückhaltung vertreten müssen, keine wirklich populären Aufgaben.

Schwache Frauenquote

Von einer Ausgewogenheit zwischen Männern und Frauen ist die hessische CDU bei der Besetzung der Kabinettsposten unterdessen weit entfernt. Nur zwei von acht Ressortchefs sind Frauen, unter den Staatssekretären gibt es sogar nur eine Frau.

Während die Präsentation von Bouffiers Regierungsmannschaft vergleichsweise wenig Brisanz barg, wurde die hessische Landesregierung von einer Meldung aus Leipzig kalt erwischt. Das Bundesverwaltungsgericht hat danach eine Entscheidung des hessischen Verwaltungsgerichtshofs bestätigt, nach der die von der Landesregierung verfügte Stilllegung des Atomkraftwerks Biblis rechtswidrig war. Damit kommt auf die Landesregierung möglicherweise eine Schadensersatzforderung des Biblis-Betreibers RWE in dreistelliger Millionenhöhe zu. Doch für diese Erblast des Atomausstiegs ist vom kommenden Samstag an in Hessen nicht mehr die vermeintliche Verursacherin, CDU-Umweltministerin Puttrich, zuständig, sondern ihre Amtsnachfolgerin Priska Hinz von den Grünen. Auch in diesem Fall ist die Gewinn- und Verlustrechnung gar nicht so einfach.

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