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Politik: „Wildwuchs beim Gemeinnutz“

Beirat des Finanzministers empfiehlt Einschnitte bei Begünstigung von Spenden an Vereine und Verbände

Berlin - Die Bundesregierung will die Steuervorteile bei Spenden und gemeinnützigen Vereinen beschränken. Zumindest sieht dies ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesfinanzministeriums vor, das am Dienstag vorgestellt wurde. Das geltende Recht „gewährt steuerliche Vergünstigungen viel zu großzügig“, heißt es darin. Auch von „Wildwuchs“ ist die Rede. Vor allem das Gesundheitswesen und die Vereine, aber auch Organisationen wie Greenpeace oder Amnesty International könnten bei einer Umsetzung betroffen sein. Unter anderem schlagen die Wissenschaftler vor, das „Übungsleiterprivileg“ – die steuerliche Freistellung solcher nebenberuflicher Tätigkeiten – abzuschaffen und durch eine Regelung analog zu den Minijobs zu ersetzen. Kleine Vereine sollen steuerlich weiterhin unbelastet bleiben.

Finanzstaatssekretärin Barbara Henricks (SPD) bezeichnete die Vorschläge als „wichtige Denkanstöße“ für die große Koalition. Die hat sich vorgenommen, das Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht neu zu ordnen. Hendricks deutete an, dass wohl nicht alle Vorschläge des Beirats umsetzungsfähig seien.

Nach den Vorstellungen des Beirats soll es im Gesundheitswesen und auch im allgemeinen Sport keine Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit mehr geben. Auch Sportveranstaltungen fallen laut Gutachten darunter. Nur für den Jugendsport soll das Steuerprivileg weiterhin gelten.

Ein mildtätiger Zweck soll nur noch vorliegen, wenn eine Leistung wirklich Bedürftigen wie Sozialhilfeempfängern oder Jugendlichen ohne Einkommen zukommt. Auch die Selbstlosigkeit – ein Begriff, an den das Steuer- und Spendenprivileg gebunden ist – soll enger gefasst werden. „Die politische Einflussnahme auf die öffentliche Meinungsbildung gilt nicht als selbstlos“, steht in dem Bericht. Spenden an solche Organisationen wären damit nicht mehr steuerbefreiend. Förderwürdig blieben nach dem Bericht die „Förderung des demokratischen Staatswesens“, die Pflege kulturellen Erbes, angewandter Umweltschutz (im Gegensatz zu umweltpolitischen Organisationen), die Förderung von Wissenschaft und Bildung. Zivildienstleistungen sollen nach dem Bericht nicht nur auf Wohlfahrtsverbände beschränkt werden.

Das Spendenprivileg soll erheblich beschnitten werden, schlagen die Wissenschaftler vor. „Mitgliedsbeiträge sollten nicht mehr steuerlich abzugsfähig sein“, heißt es in dem Papier. Macht ein Spender seine Zuwendung von der Nennung seines Namens abhängig, soll er ebenfalls nicht mehr profitieren können. Wer Spenden sammelt und dafür Quittungen ausstellt, soll künftig nachweisen, dass er mindestens 75 Prozent für den eigentlichen Zweck und nicht für Verwaltung ausgibt.

Die Wissenschaftler haben zum Beispiel Bedenken bei der unterschiedlichen Behandlung der Anbieter für das „Essen auf Rädern“. Die Freien Wohlfahrtsverbände und gemeinnützige Vereine würden hier schon unterschiedlich begünstigt, private Anbieter unterlägen dagegen der normalen Besteuerung. Hier sieht der Beirat eine Wettbewerbsverzerrung und verweist „aufgeblähte Verwaltungsstrukturen und ein mangelndes Kostenbewusstsein in weiten Teilen der organisierten Freien Wohlfahrtspflege“.

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