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Willi van Ooyen: „Neuwahlen fürchten wir nicht“

Hessens Linken-Fraktionschef Willi van Ooyen zum Debakel bei der SPD und zu Perspektiven für rot-rot-grün.

Herr van Ooyen, haben Sie schon mit Andrea Ypsilanti gesprochen nach ihrem erneuten Scheitern?

Wir haben am Montag miteinander telefoniert und sie machte auf jeden Fall den Eindruck, am Boden zerstört zu sein.

Trägt sie denn gar keine Verantwortung für die entstandene Situation?

Natürlich trägt die politische Führung eine Verantwortung. Es macht den Eindruck, als habe sie sich nicht genug Zeit gelassen, um mit wirklich allen zu reden.

Und wie fühlt es sich für Sie an, so kurz vorm Ziel gescheitert zu sein?

Ich bin wütend, entrüstet, aber mit ein bisschen Abstand auch wieder gelassen.

Warum gelassen, freuen Sie sich schon auf Neuwahlen?

Ich bin auch deshalb entspannt, weil wir nichts an der Situation ändern können oder einen Anteil daran hatten. Wir konnten einfach keinen Einfluss auf die Entscheidung dieser vier nehmen. Und Neuwahlen fürchten wir nicht.

Das heißt, Sie präferieren auch eine schnelle Neuwahlentscheidung?

Das nicht. Ich glaube aber, dass wir im parlamentarischen Prozess jetzt sehen müssen, ob es nicht doch noch eine Mehrheit für einige Gesetze gibt, die wir zusammen mit SPD und Grünen durchbringen können. Sollten sich die vier Abweichler aber auf die Seite der Union schlagen, gibt es diese Mehrheit nicht mehr und dann müssten in der Tat Neuwahlen her. Und wenn demnächst alle anderen Fraktionen den Landtag auflösen wollen, um Neuwahlen herbeizuführen, dann werden wir natürlich mit dafür stimmen.

Erhoffen Sie sich Zugewinne?

Ich habe gar keine Zweifel daran, dass wir bei Neuwahlen kräftig zulegen werden. Aber die Frage ist, ob es auch eine politische Mehrheit für Rot-Rot-Grün geben wird. Denn ohne eine solche Option könnten wir keinen politischen Veränderungsprozess einleiten.

Wie viel wollen Sie denn hinzugewinnen? Nennen Sie mal eine Hausnummer.

Darüber will ich jetzt noch nicht spekulieren, denn, wie gesagt, ich halte nicht viel davon, gleich als Erstes über Neuwahlen zu sprechen, nach dem Motto: wir lassen die Menschen so lange wählen, bis wir ein Ergebnis haben, das wir wollen.

Hatten Sie denn während der Verhandlungen schon ein ungutes Gefühl, dass etwas schiefgehen könnte?

Es war immer spürbar, dass die SPD im Prinzip aus zwei Parteien besteht. Denen, die eine linke Politik mit uns wollten. Und denen, die ihre neoliberale Politik fortsetzen wollten. Aber dass das ganze Projekt noch so scheitern würde, habe ich auch nicht erwartet. Vor allem die Art und Weise, wie diese vier ihr Veto eingelegt haben, gibt zu denken. Da wird es sicher noch Aufklärungsbedarf geben.

Was heißt das? Glauben Sie, dass die Begründung der vier, sie hätten die Entscheidung nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können, nicht stimmt?

Es gibt viele Spekulationen, aber daran will ich mich nicht beteiligen.

Gibt es denn überhaupt noch eine Zukunft für das Projekt Rot-Rot-Grün in Hessen?

Im Moment sehe ich dafür überhaupt keine Perspektive.

Das Gespräch führte Christian Tretbar.

Willi van Ooyen (61) ist Linken-Fraktionschef. Bei der Wahl

am 27. Januar zog seine Partei mit 5,1 Prozent in den Landtag ein und hat dort sechs Mandate.

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