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König Charles III. im deutschen Bundestag.

© dpa/Kay Nietfeld

„Mut schöpfen aus unserer Einigkeit“: Charles lobt deutsche Ukraine-Hilfe – und die deutsch-britische Freundschaft

Das erste Mal überhaupt hat ein Monarch im Bundestag gesprochen. Nicht alle Fraktionen waren damit einverstanden.

So voll und prominent besetzt wie an diesem Donnerstagmittag hat man den Bundestag wohl selten gesehen: Hier gibt es selten eine absolute Premiere, heute war so ein Tag. Als erster Monarch überhaupt durfte Charles III. im Bundestag eine Rede halten. Für Charles, der zwar schon inthronisiert, aber noch nicht gekrönt ist, ist sein Staatsbesuch in Deutschland die erste Auslandsreise überhaupt.

Bevor der König vor quasi ausverkauftem Haus selbst das Wort ergreifen konnte, wurden er und seine Frau Camilla von der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas mit warmen Worten begrüßt.

„Majestäten, sehr geehrter Herr Bundespräsident, sehr geehrte Frau Büdenbender, Exzellenzen, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sehr geehrter Herr Bundesratspräsident, sehr geehrter Herr Präsident des Bundesverfassungsgerichts, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste!“, mit diesen Worten begann die SPD-Politikerin ihren Reigen - und machte damit gleich die Tragweite des hohen Besuchs deutlich.

König Charles III. mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.
König Charles III. mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.

© AFP/Ronny Hartmann

Prominenz hatte sich auch auf der Tribüne versammelt: So ließen es sich etwa die früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck und Christian Wulff und die früheren Bundestagspräsident:innen Rita Süssmuth und Wolfgang Thierse nicht nehmen, dem Schauspiel live beizuwohnen.

„Bekenntnis zur Erneuerung der Freundschaft“

Bas bezeichnete es als große Ehre, den König und Repräsentanten einer der ältesten Demokratien der Welt in dem Hohen Haus begrüßen zu dürfen. Großbritannien habe einen unverzichtbaren und großen Beitrag zur Befreiung Europas vom Nationalsozialismus geleistet, sagte Bas. „Dafür sind wir zutiefst dankbar. Unvergessen bleibt auch: Großbritannien war ein Zufluchtsort vieler Verfolgter.“

Charles begann seine Rede damit, dass er die Reise auch als Zeichen sehe, das Bekenntnis zur Freundschaft zwischen den Nationen zu erneuern und erntete dafür einen tosenden Applaus. „Es erfüllt mich mit besonderem Stolz, hier zu sein als König, um das Band unserer Freundschaft zu erneuern.“ Obwohl dem König keine politischen Commitments zustehen, wurde seine Reise bereits im Vorfeld als Annäherungsversuch nach dem Brexit gelesen.

Für die Annäherung gebe es keinen besseren Ort als den deutschen Bundestag, erklärte Charles. „1933 wurde das Gebäude in Brand gesetzt, 1945 war es nach dem Krieg schwer beschädigt und in den 90er Jahren wurde es von einem britischen Architekten umgebaut zu einem Parlament für die Demokratie eines wieder vereinten Deutschlands.“

Den Großteil seiner Rede bestritt Charles, der bekannte, bereits mehr als 40 mal in Deutschland gewesen zu sein, auf Deutsch, immer wieder wechselte er aber ins Englische. Das Ablesen des deutschen Teils seiner Rede geht ihm flüssig von der Hand, allein bei der Aussprache des gar zu deutschen Wortes „Rechenschaftspflicht“ wird es holprig.

Seit seinem letzten Besuch im Bundestag 2020 habe sich viel verändert, sagte Charles deutlich bestürzt. „Die Geißel des Krieges ist zurück in Europa und bringt unendliches Leid über unschuldige Menschen.“ Die Menschenwürde werde mit Füßen getreten, dabei könne die Welt nicht tatenlos zusehen.

Schaulustige Warten auf König Charles.
Schaulustige Warten auf König Charles.

© REUTERS/Phil Noble

„Der Entschluss Deutschlands, der Ukraine so große militärische Unterstützung zukommen zu lassen, ist überaus mutig, wichtig und willkommen“, sagte der Monarch. Deutschland und das Vereinigte Königreich hätten eine wichtige Führungsrolle übernommen. „Wir können Mut schöpfen aus unserer Einigkeit.“

Der Entschluss Deutschlands, der Ukraine so große militärische Unterstützung zukommen zu lassen, ist überaus mutig, wichtig und willkommen.

König Charles III.

Neben sehr ernsten Tönen sorgte Charles, der neben seiner Liebe zur Natur auch für seinen Humor bekannt ist, aber auch für einige Lacher. König Charles musste nur die zwei Worte „Miss Sophie“ sagen, schon krümmte sich der Bundestag vor Lachen. This is german humour... Ihr „the same procedure as every year“ aus „Dinner for One“ gehöre zu einem glücklichen neuen Jahr in Deutschland einfach dazu. Dabei ist der Silvester-Sketch im Vereinigten Königreich quasi unbekannt.

Er verwies auf den kulturellen Austausch. Schriftsteller William Shakespeare, Maler William Turner, Komponist Georg Friedrich Händel, der als Deutscher geboren und als Brite gestorben sei. Kulturelle Brücken hätten außerdem der Stand-Up-Comedian Henning Wehn und Monty Python geschlagen.

Sowohl miteinander als auch übereinander lachen

In den letzten Jahren habe man sowohl über- als auch miteinander gelacht. Wie unter guten Freunden üblich brauche es eben manchmal auch ein Lächeln auf Kosten des anderen. Auch ohne Rivalität ginge es nicht - und hier ging es dann nicht ohne einen Verweis auf den anderen König - Fußball.

Dessen Relevanz gehe erstrecke sich nicht nur auf sportliche Erfolge: Deutschland und Großbritannien hätten durch ihre Fußballfrauen federführend für die Gleichstellung der Geschlechter geworben und damit eine ganze Generation inspiriert.

Charles berichtete, dass britische Tourist:innen, die die größte Besuchergruppe Deutschlands in Europa stellten, vor allem von dem Berliner Nachtleben begeistert seien. Ob Charles je einen Club besucht hat, ist nicht übermittelt, zumindest scheint es lange her zu sein: Für die Jüngeren seien heute eher Kraftwerk und die Beatles interessant als Händel, mutmaßte der 74-Jährige und dürfte damit die wirklich Jüngeren zum Schmunzeln gebracht haben.

„Aus unserer gemeinsamen Vergangenheit lernen, das ist oberste Pflicht. Aber auch, gemeinsam wachsam zu sein.

König Charles III.

Deutsche und britische Forschung bezeichnete er als wegweisend. Mehr Zusammenarbeit als die Duetschlands und Großbritanniens gebe es in anderen Ländern Europas nicht, auch in der Startup-Szene habe man die Nase vorn und unterstütze sich gegenseitig. „Man kann zum Beispiel mit einem vollelektrischen Taxi aus London durch Berlin fahren.“

Die Partnerschaft der beiden Länder sei über die Maße wichtig und sie beruhe auf Können, Engagement und Einfallsreichtum, für die er vielen Menschen danken wolle. „Aus unserer gemeinsamen Vergangenheit lernen, das ist oberste Pflicht. Aber auch, gemeinsam wachsam zu sein“, schloss der König, der am Freitag nach Hamburg reisen wird. Dort werde er das Denkmal für Kindertransport besuchen und auch der Opfer der Bombardierung von 1943 gedenken.

Die Rede Charles im Bundestag war nicht überall wohlwollend aufgenommen worden: Die Linken hatten den Auftritt im Vorfeld als geschichtsvergessen bezeichnet. „Im Plenum des Bundestags sollen gewählte Volksvertreter sprechen. Dieser Konsens wird heute mit der Rede von Charles III. aufgekündigt“, kritisierte die Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut. „Die Verneigung des Bundestags vor einer Monarchie, die verantwortlich für schlimmste Verbrechen der Kolonialzeit ist, ist aus der Zeit gefallen.“

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