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Politik: „Wir müssen mit Iran weiter verhandeln“

Staatsminister Erler über Berlins Pläne für Nahost

Staatsminister Erler über Berlins Pläne für Nahost

Herr Staatsminister, um den Konflikt im Libanon einzudämmen, schickt die Bundesregierung Soldaten sowie humanitäre Hilfe und beteiligt sich am Wiederaufbau. Soll das die Krise lösen?

Der militärische Beitrag ist nur ein Teil eines Gesamtkonzeptes, das vor allem auf eine Lösung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern zielen muss. Darauf haben wir immer hingewiesen. Dieser Konflikt ist so ursächlich und zentral, dass wir ihm ebenso viel Aufmerksamkeit schenken müssen wie der Befriedung des Libanon.

Was wäre ein politisches Konzept?

Wir haben mehrere Vorschläge gemacht, zum Beispiel das Nahost-Quartett aus den Vereinten Nationen (UN), den USA, Russland und der EU zu revitalisieren. Entscheidend ist, dass Initiativen im Bereich der vertrauens- und sicherheitsbildenden Maßnahmen – als Beispiel könnte man hier den erfolgreichen KSZE-Prozess aus der jüngeren europäischen Geschichte nennen – aus der Region kommen und von den betroffenen Staaten getragen werden. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bemüht sich, die wichtigsten Kräfte der Region in eine Lösung einzubinden. Die Israelis vertrauen uns im Nahostkonflikt, aber wir haben auch sehr stabile, vertrauensvolle Beziehungen zu wichtigen arabischen Staaten. Deshalb können wir Einfluss nehmen.

Die israelische Außenministerin hat bei ihrem Besuch in Berlin den KSZE-Vorschlag abgelehnt.

Hier ist langfristige Grundlagen- und Überzeugungsarbeit zu leisten. Nicht jede Idee ist auf Anhieb durchsetzbar. Wir müssen die Tragödie im Libanon als Anlass nutzen, um den Friedensprozess insgesamt wieder in Fahrt zu bringen.

Sie bringen das Quartett und seinen Friedensplan („Roadmap“) wieder ins Spiel: Sind die USA bereit, wieder Energie in die Lösung des Nahostkonflikts zu stecken?

Die USA stehen in einem Wahlkampf, in dem manche vor einem größeren Engagement des Landes im Nahen Osten warnen. Aber die Reisediplomatie von Außenministerin Condoleezza Rice zeigt doch, dass die US-Regierung tief besorgt ist über die Entwicklung und sich für Vorschläge öffnet, die nach der Tragödie eine nachhaltige Lösung bringen könnten.

Den deutschen Versuch, Syrien in eine Lösung einzubinden, hat dessen Präsident mit einer antiisraelischen Rede konterkariert. Rechnen Sie trotzdem damit, dass Anreize auf längere Sicht das Land zu einer konstruktiveren Rolle bewegen?

Ich habe die Rede nicht als eine Absage an die deutsche Politik verstanden, sondern als eine Botschaft an die eigenen Bürger. Es war richtig, dass der deutsche Außenminister seine Reise nach Damaskus verschoben hat. Wir sind aber weiter überzeugt, dass Syrien in jede nachhaltige politische Lösung in der Region mit einbezogen werden sollte.

Der Iran ist eine wichtige Macht in der Region und stellt Israels Existenz infrage. Wie soll er in einen Friedensprozess einbezogen werden, wenn sich seine Regierung im Atomstreit der Welt widersetzt?

Die drei Themen Nuklearprogramm, Rolle des Iran im engeren Nahost-Konflikt und sein Einfluss im Irak sind auf komplizierte Weise eng verbunden. Teheran als Schutzmacht der Schiiten könnte im Irak viel dazu beitragen, die Exzesse von Gewalt einzudämmen. Wir dürfen nicht nachlassen in unseren Bemühungen, den Iran zu einer konstruktiven Zusammenarbeit in allen drei Konflikten zu bewegen. Das wird aber nur funktionieren, wenn es im Atomkonflikt gelingt, die Weltgemeinschaft zusammenzuhalten.

Sie sind da skeptisch?

Nein, aber selbstverständlich bedarf es dazu intensiver Gespräche. Nach der barschen Absage aus Teheran an das internationale Anreizpaket und dem Ablauf des Sicherheitsrat-Ultimatums gibt es in den USA, auch vor dem Hintergrund des dortigen Wahlkampfes, eine sehr starke Tendenz, schnell eine deutliche Antwort an Teheran abzuschicken. Die Bundesregierung wird auf jeden Fall weiter eine Verhandlungslösung anstreben und dabei mit unseren Partnern ausloten, wie auf das Teheraner Verhalten angemessen zu reagieren ist.

Die Fragen stellte Hans Monath

Gernot Erler (62)

ist Staatsminister im Auswärtigen Amt. Zuvor war der Freiburger Bundestagsabgeordnete bis zum Regierungswechsel im Herbst Vizechef der SPD-Fraktion.

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