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Politik: „Wir wollen mit Polen diskutieren“ US-Staatssekretär Fried über den Raketenschirm

Die USA planen ein Raketenabwehrsystem in Mitteleuropa mit Abfangraketen in Polen und einem Radarsystem in Tschechien. Der polnische Regierungschef Donald Tusk und sein tschechischer Amtskollege Mirek Topolanek haben bei einem Treffen am Donnerstag in Prag nun deutlich gemacht, dass sie weitere Entscheidungen zu den Raketenabwehrplänen nicht überstürzen wollen.

Die USA planen ein Raketenabwehrsystem in Mitteleuropa mit Abfangraketen in Polen und einem Radarsystem in Tschechien. Der polnische Regierungschef Donald Tusk und sein tschechischer Amtskollege Mirek Topolanek haben bei einem Treffen am Donnerstag in Prag nun deutlich gemacht, dass sie weitere Entscheidungen zu den Raketenabwehrplänen nicht überstürzen wollen. Wie bewerten Sie diese neue Tonlage?

Ich glaube nicht, dass sich der Ton wirklich geändert hat. Ich denke eher, dass sowohl die polnische als auch die tschechische Regierung eine derart wichtige Entscheidung wohl durchdenken wollen. Aus unserer Sicht wäre es am besten, wenn wir bei der Raketenabwehr zu einem multilateralen Ansatz kämen, der sowohl Russland, die Nato und die USA mit einbezieht. Auf diesem Weg könnten Europa und ein großer Teil Russlands westlich des Urals gegen mögliche künftige Bedrohungen verteidigt werden, die aus dem weiteren Umkreis des Nahen Ostens kommen könnten.

Polens Außenminister Radoslaw Sikorski hat allerdings die Bedrohung, die vom Iran ausgeht, infrage gestellt.

Minister Sikorski hat gesagt, dass Polen auf nationaler Ebene nicht durch den Iran bedroht wird. Aber es ist natürlich ein ziemlich beunruhigender Gedanke, dass der Iran über ballistische Raketen verfügen könnte, die mit Atomwaffen bestückt sind. Wir müssen nicht nur die Bedrohung einzelner Nato-Staaten im Auge behalten, sondern Bedrohungen gegen das gesamte Militärbündnis. Der ganze Sinn der Nato besteht doch darin, dass unsere Sicherheit unteilbar ist.

Polens Verteidigungsminister Bogdan Klich reist kommende Woche in die USA. Offenbar verlangt Warschau im Gegenzug für die Zusammenarbeit beim Raketenschutzschild die Lieferung amerikanischer Luftabwehrsysteme, um sich vor möglichen russischen Angriffen zu schützen.

Man kann die Polen in diesem Punkt verstehen. Wir wollen dies mit Polen diskutieren. Wir wollen sicherstellen, dass sie durch ihre Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten bei einem Verteidigungsprojekt nicht zusätzlichen Risiken ausgesetzt sind. Wir freuen uns auf eine ernsthafte Diskussion mit unseren polnischen und tschechischen Freunden. Zudem beraten wir über die Raketenabwehr im Rahmen der Nato, und hoffentlich machen wir auch bei den Gesprächen mit Russland Fortschritte.

Ist es denkbar, dass die USA den Plan eines Raketenschildes nach der Präsidentschaftswahl im November aufgeben?

Ich glaube, dass diese Erwartung übertrieben ist. Denken Sie daran, dass es US-Präsident Clinton war, der das Programm eines Raketenschutzschildes für die USA angestoßen hat. Die Bush-Administration hat daraus ein etwas multilateraleres Projekt gemacht. Wir befinden uns in den USA zwar im Wahlkampf. Aber es gibt zwischen Republikanern und Demokraten bei der Unterstützung der Raketenabwehr eine größere Übereinstimmung, als allgemein bekannt ist.

Das Gespräch führte Albrecht Meier.

Daniel Fried

ist Staatssekretär für europäische und

eurasische Angelegenheiten im US-Außenministerium. Von 1997 bis 2000 war er

Washingtons Botschafter in Polen.

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