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Wirtschaftskrise: Wer profitiert vom zweiten Konjunkturpaket?

Die Koalition will die Wirtschaftskrise mit einem zweiten Konjunkturpaket bekämpfen. Wer profitiert von den neuen Maßnahmen?

Noch ist nicht ganz klar, was die Bundes regierung alles in ihr zweites Konjunkturpaket packen wird. Aber die Vorschläge sind bekannt und sie sollen vor allem Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen entlasten. Doch auch Unternehmen und Kommunen sollen berücksichtigt werden.

Wem nutzt die Anhebung des Steuerfreibetrags?

Wenn die Koalition den Grundfreibetrag von derzeit 7664 Euro Jahreseinkommen auf 8004 Euro anhebt, wie es die Union fordert, dann profitiert jeder, der in Deutschland Einkommensteuer zahlt. Denn jeder – egal, ob mit 10 000 Euro oder einer Million Euro Gesamteinkunft – zahlt erst für den 8005. Euro Steuern. Natürlich profitieren insbesondere die Niedrigverdiener. Denn diese verdienen oft nicht sehr viel mehr als diese 8004 Euro und müssen somit weniger Einkommen über dieser Grenze versteuern als der Einkommensmillionär. Was am Jahresende dabei herauskommt, ist jedoch überschaubar: 50 Euro etwa für Alleinstehende, 100 für Verheiratete. Beinahe unvermeidlich für die Politik ist es bei einer Anhebung des Grundfreibetrages, den Tarifverlauf der Steuerkurve – die sogenannte Progression – zu verändern. Tut sie das nicht, wird die Anhebung des Grundfreibetrages zum Bumerang für Kleinverdiener (die man ja eigentlich entlasten will). Der Grund dafür: Die Steuertarife steigen bei gut 12 000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen steil an. Wird diese Kurve nicht abgeflacht, der Grundfreibetrag aber angehoben, dann wird der Anstieg noch steiler. Das wäre auch unter arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten ein schlimmes Zeichen, weil es sich für viele Kleinstverdiener noch weniger lohnen würde, etwas dazuzuverdienen.

Wie soll der von der SPD vorgeschlagene Deutschlandfonds funktionieren?

Dass mehr Geld in die Infrastruktur investiert werden soll, ist zwischen den Koalitionspartnern unumstritten – von Schulen über Verkehrswege bis zu den Internet-Breitbandnetzen. Die SPD schlägt vor, einen Deutschlandfonds einzurichten, mit dem in den Jahren 2009 und 2010 Investitionen in den Kommunen angestoßen werden sollen. Der Bund soll zehn Milliarden Euro geben, die Länder sollen den Fonds weiter aufstocken. Außerdem sollen Spitzenverdiener rund vier Milliarden Euro beisteuern, indem sie für zwei Jahre befristet einen höheren Steuersatz zahlen. Aus den Geldern sollen kommunale Infrastrukturprojekte bezahlt werden: die Sanierung von Schulen, Kindergärten und Sportstätten, eine bessere Ausstattung der Schulen mit Computern, mehr Energieeffizienz in öffentlichen Gebäuden. Damit auch finanzschwache Kommunen investieren können, schlägt die SPD vor, dass bei gemeinsamen Investitionsvorhaben Bund und Länder den Eigenanteil der Kommunen bis zu 100 Prozent tragen. Um Investitionen zu beschleunigen, soll außerdem das Vergaberecht bis Ende 2010 gelockert werden.

Was bringt eine Anhebung des Spitzensteuersatzes?

Die SPD will zur Finanzierung ihres Konsolidierungskonzeptes im Bereich Bildungsinvestitionen einen neuen Bildungssoli der „Reichen“ für zwei Jahre einführen. Wer als Alleinstehender mehr als 125 000 Euro (Verheiratete 250 000 Euro) im Jahr verdient, soll nicht nur den seit 2007 geltenden Reichensteuersatz von 45, sondern den neuen Satz von 47,5 Prozent zahlen. Faktisch ist das eine Verdopplung der Betroffenen von 2007 – nach der Einkommen erst ab 250 000 Euro im Jahr mit 45 Prozent versteuert werden. Von dieser Reichensteuer erwartete sich der Finanzminister jährliche Einnahmen von 1,3 Milliarden Euro. Zu einer Verdopplung der Summe wird der neue Bildungssoli aber kaum führen.

Was passiert mit den Kassenbeiträgen?

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) fordert seit langem höhere Steuerzuschüsse für die gesetzliche Krankenversicherung. Nun ist auch die Union dafür. Die Argumentation, dass so auch Personengruppen profitieren könnten, die von einer Senkung der Einkommensteuer nichts haben, ist nicht von der Hand zu weisen. Wobei es einen Unterschied gibt: Während die Union mit den Steuermitteln die Beiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen senken möchte, will die SPD davon nur Erstere profitieren lassen. Man solle aus dem Steuertopf den Sonderbeitrag von 0,9 Prozentpunkten finanzieren, den die Arbeitnehmer seit 2005 allein zu tragen haben, fordern Schmidt und SPD-Vize Andrea Nahles. Diese Marschrichtung ist neu. Bislang wurde der Ruf nach mehr Steuermitteln immer nur mit den versicherungsfremden Leistungen begründet. Dazu zählen Mutterschaftsgeld, Leistungen bei Schwangerschaft und die beitragsfreie Mitversicherung von Partnern ebenso wie die Beitragsbefreiung oder -reduzierung für Rentner und Arbeitslose. Nach Berechnungen wird die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) dadurch um bis zu 45,5 Milliarden Euro belastet.

Aus der Sicht von Helge Sodan, Direktor des Deutschen Instituts für Gesundheitsrecht in Berlin, sind einseitige Steuerzuschüsse für die GKV jedoch verfassungswidrig. Zumindest bei den freiwillig Versicherten stünden die privaten Krankenversicherer eindeutig im Wettbewerb mit der GKV. „Wenn die Steuerfinanzierung jetzt nochmals ausgeweitet wird, verzerrt sich dieser Wettbewerb immer stärker“, argumentiert Sodan. Auch der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) sieht darin eine „massive Wettbewerbsverzerrung“. Willkürlich würden die 8,6 Millionen PKV-Mitglieder von solcher Subvention ausgegrenzt, obwohl sie als Steuerzahler voll zur Finanzierung beitragen müssten, sagt Verbandsdirektor Volker Leienbach. „Wir können die Bundesregierung nur davor warnen, diesen auch verfassungsrechtlich fragwürdigen Weg zu gehen.“ Die Steuerfinanzierung der Kindermitversicherung ist bereits Teil einer Klage , mit der sich das Bundesverfassungsgericht befasst. Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) bezweifelt allerdings die Wirkung einer stärkeren Steuerfinanzierung. Mit einer Senkung des Beitragssatzes werde man „bei weitem nicht die psychologisch- konjunkturellen Impulse auslösen, die man mit einer Steuersenkung erreichen könnte“, sagte er dem „Handelsblatt“.

Wer profitiert von dem Kinderbonus?

Die SPD schlägt einen einmaligen Kinderbonus in Höhe von 200 Euro pro Kind vor. Davon sollen in erster Linie Hartz-IV- Empfänger und Menschen mit geringem Einkommen profitieren. Denn der Kinderbonus soll bei der Einkommensteuerveranlagung mit den Kinderfreibeträgen verrechnet werden, so dass Besserverdiener von diesem Bonus weniger haben werden. Die Kosten dafür beziffert die SPD auf 3,6 Milliarden Euro. Außerdem wollen die Sozialdemokraten den Eckregelsatz beim Arbeitslosengeld II für ältere Kinder anheben, so dass arbeitslose Eltern für ihre 6- bis 13-jährigen Kinder rund 35 Euro mehr im Monat erhalten.

Wie sollen Arbeitnehmer unterstützt werden, denen ein Jobverlust droht?

Durch eine Ausweitung des Kurzarbeitergeldes wollen Union und SPD Betriebe dabei unterstützen, auch in Krisenzeiten ihre Fachkräfte halten zu können. „Qualifizieren statt entlassen“ heißt die Devise, welche die SPD ausgibt. So sollen zusätzlich Gelder zur Verfügung gestellt werden, falls Firmen ihre Mitarbeiter während der Kurzarbeit weiterbilden. Außerdem sollen die Arbeitsagenturen zusätzlich rund 1,2 Milliarden Euro erhalten, um Bewerbungstrainings, Weiterbildung oder Umschulungen finanzieren zu können für Menschen, die ihren Job verlieren.

Wem nutzt die Abwrackprämie?

Damit die Autobranche als wichtiger Industriezweig nicht zu stark unter Druck gerät, will die SPD den Autoabsatz ankurbeln. Verbraucher, die sich 2009 ein neues Auto kaufen und ihren mindestens zehn Jahre alten Wagen verschrotten, sollen eine Prämie von 2500 Euro erhalten, die 2010 auf 1000 Euro abgesenkt wird. Die Koalition hat sich auch vorgenommen, die geplante Umstellung der Kfz-Steuer vom Hubraum auf den CO2-Ausstoß auf den Weg zu bringen.

Wie wird das zweite Paket finanziert?

Unionsfraktionschef Volker Kauder beziffert den Umfang des nächsten Konjunkturpakets für die nächsten zwei Jahre auf 50 Milliarden Euro. Sein SPD-Kollege Peter Struck spricht von „40 bis 50 Milliarden Euro“. Die Maßnahmen sollen zu einem großen Teil durch höhere Schulden finanziert werden. Obergrenze ist der EU-Stabilitätspakt, der die Neuverschuldung auf maximal drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts begrenzt.

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