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Wissenschaftsrat: Deutsche Unis sollen Imame ausbilden

Angesichts von vier Millionen Muslimen in der Bundesrepublik dringt der Wissenschaftsrat auf einen massiven Ausbau von Islam-Instituten an staatlichen Hochschulen. An deutschen Universitäten sollen künftig Imame und islamische Religionslehrer ausgebildet werden.

Zunächst sollen an zwei bis drei Hochschulen Zentren für islamisch-theologische Forschung aufgebaut werden, heißt es in der Empfehlung des Wissenschaftsrats "zur Weiterentwicklung von Theologien und religionsbezogenen Wissenschaften an deutschen Hochschulen". Die Stellungnahme, über die eine Expertengruppe des Rates zwei Jahre lang beriet, soll am Montag in Berlin präsentiert werden.

Ausdrücklich fordert der Wissenschaftsrat, Islamstudien und Forschung sowie die "fundierte Ausbildung von Religionsgelehrten" an staatlichen Hochschulen vorzunehmen - und nicht Privat-Einrichtungen zu überlassen. "Um die dazu erforderliche Zusammenarbeit zwischen Staat und muslimischer Glaubensgemeinschaft auf eine verlässliche Grundlage zu stellen, schlägt der Wissenschaftsrat vor, an den entsprechende Studiengänge anbietenden Hochschulen theologisch kompetente Beiräte für Islamische Studien einzurichten."

Die Ausgestaltung dieser Beiräte war im Wissenschaftsrat bis zuletzt umstritten. Das Gremium berät seit über 50 Jahren Bund und Länder in Fragen der Hochschul- und Forschungspolitik. Ihm gehören vom Bundespräsidenten benannte Wissenschaftler verschiedener Disziplinen an sowie einige Wissenschaftsminister von Bund und Ländern und hohe Verwaltungsbeamte.

Bislang wird in Deutschland nur an der Universität Münster ein kleiner Teil der Lehrer für den islamischen Religionsunterricht ausgebildet. Weiterbildungsangebote an Hochschulen gibt es zudem in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Der überwiegende Teil der an deutschen Schulen eingesetzten islamischen Relegionslehrer kommt bisher aus der Türkei.

Die Empfehlungen des Wissenschaftsrates befassen sich aber zugleich auch mit der christlichen Theologie sowie der Judaistik und den Jüdischen Studien an deutschen Hochschulen. Angesichts des Wandels in einer "religiös pluralisierten Gesellschaft" schlägt der Wissenschaftsrat "bedarfsgerechte Anpassungen der christlichen Theologien" vor.

Katholische wie Evangelische Fakultäten sollten "stärker als bisher auch in der Forschung ihren theologischen Zusammenhalt pflegen und sich zugleich noch mehr an fakultätsübergreifenden interdisziplinären Forschungen beteiligen". Theologische Institute, an denen Relegionslehrer für Gymnasien ausgebildet werden, müssten angesichts wachsender fachlicher Anforderungen "künftig höhere personelle und fachliche Mindestanforderungen erfüllen".

Insbesondere an die Katholische Kirche richtet der Rat "die dringende Bitte", sich aus dem Habilitationsverfahren zurückzuziehen, weil es sich bei der Qualifikation für den Professorenberuf "um eine rein akademische Angelegenheit handelt". Auch sollten die Kirchen bei Berufungen von Hochschullehrern für ein "transparentes Verfahren" sorgen. Die Erteilung der Lehrbefugnis in der Theologie ("Nihil obstat") ist zwischen Staat und Kirche in vielen Bundesländern heute noch durch fortgeschriebene Konkordate aus der Preußenzeit geregelt.

Für den Bereich der Judaistik/Jüdische Studien empfiehlt der Wissenschaftsrat, "die noch bestehenden institutionellen Abhängigkeiten" von den Evangelischen Fakultäten aufzulösen, die Standorte zu stärken und eigenständige Studiengänge einzurichten.

Für seine Empfehlungen hatte die Arbeitsgruppe des Rates mehrere Gespräche mit den Vertreten der beiden Kirchen, dem Zentralrat der Juden sowie dem Koordinierungsrat der Muslime in Deutschland geführt. Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" signalisieren auch einige islamische Verbände Interesse an Mitarbeit und Mitsprache bei der Ausgestaltung der Islam-Studien. Die muslimischen Verbände müssten "zumindest für den Anfang" genauso über die Inhalte der Studiengänge und die Berufung von Professoren mitentscheiden können, wie die christlichen Kirchen, zitiert die Zeitung den Sprecher des Koordinierungsrates der Muslime, Bekir Alboga. (dpa)

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