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Politik: Wohlstand oder Moral

Kurz vor dem Start des Wahlkampfs in Großbritannien streitet Premier Blair mit seinem Schatzkanzler

Tony Blair hat seine Parteifreunde am Donnerstag auf den Wahlkampf eingestimmt. Eines der wichtigsten Anliegen seiner Rede: die Spekulationen über die unüberbrückbaren persönlichen und ideologischen Differenzen mit seinem Schatzkanzler Gordon Brown zu entkräften. Aber auch hinter Blairs überschwänglichen Lob für den „erfolgreichsten britischen Schatzkanzler seit dem Krieg“ konnten Hellhörige die Kampfansage ausmachen. Mit Hilfe Browns sei Labour die Partei des Wohlstands geworden, sagte Blair. Gleich 24 Mal benutzte er das Wort „Prosperität“ – fast so oft wie Brown bei seiner Rede vergangene Woche den Begriff „moralische Aufgabe“. Seit eine Insiderbiografie am Wochenende neue Details aus der langjährigen BlairBrown-Fehde verbreitete, überschlagen sich die Spekulationen über den Streit der beiden.

Er könne keinem einzigen Wort Blairs je wieder Glauben schenken, soll Brown gesagt haben, als Blair die mögliche dritte Amtszeit Labours für sich selbst reservierte, statt zu Gunsten Browns zurückzutreten, wie es angeblich vereinbart war. Die Konservativen trumpften bereits mit einem Großplakat auf: „Wie können sie Verbrechen bekämpfen, wenn sie miteinander kämpfen“, hieß es darauf. In britischen Medien wurde indes gemutmaßt, Blair habe den Termin für seine Rede extra gewählt, um seinem Schatzkanzler Brown die Schau zu stehlen. Denn der lässt sich gerade in Afrika für die Programme zur Bekämpfung von Armut und Aids bejubeln, für die Großbritannien in diesem Jahr seiner G-8-Präsidentschaft die Industriestaaten einspannen will.

Labours Programm für die im Mai erwartete Wahl werde „gnadenlos New Labour sein“, sagte Blair. Während Brown vor Weihnachten schon in einem Zeitungsartikel den Kampf gegen die Kinderarmut in den Mittelpunkt des Wahlkampfs rücken wollte, versprach Blair ein Großbritannien des „persönlichen Wohlstands“. Brown spricht gerne vom „moralischen Konsensus“ in der Labourpolitik.

In der ablaufenden Legislaturperiode gab es schwere Auseinandersetzungen über wirtschaftlich autonome Krankenhäuser im staatlichen Gesundheitsdienst und die Erhöhung der Studiengebühren, bei denen Blair sich von Schatzkanzler Brown im Stich gelassen fühlte. Nun unterstrich der Premier seinen Führungsanspruch. „Wir werden weiter als New Labour regieren, denn nur New Labour verbindet Strebsamkeit, Ehrgeiz und Chancen für den Einzelnen mit sozialem Mitgefühl“. Brown bleibt nichts anderes übrig, als mitzuziehen. Schließlich will er irgendwann Blairs Erbe übernehmen.

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