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Politik: Wort für Wort

Eine neue UN-Resolution ist nicht in Sicht – Schröder, Blair und Chirac wollen aber in Berlin einen Ausweg finden

WER SOLL DEN IRAK VERWALTEN?

Von Matthias B. Krause,

New York

UN-Generalsekretär Kofi Annan musste tief in die Trickkiste der Diplomatie greifen, um nicht dumm dazustehen. Kaum aus Genf von seinem Treffen mit den fünf Außenministern der Veto-Staaten im Weltsicherheitsrat zurückkehrt, hatte Annan alle Mühe, zu erklären, dass die Zusammenkunft zum Thema Irak nicht gescheitert sei. „Ich glaube wirklich, unsere Kontroverse ist von der Presse übertrieben worden", sagte der Generalsekretär in New York, „es gibt einen gemeinsamen Nenner, den alle teilen." Dann kam der Satz, den Gutwillige als Silberstreif am Horizont interpretierten. „Einige Leute scheinen zu denken, die UN wird im Irak die Macht übernehmen und das Land regieren", sagte er, „aber das war nie die Frage." Annan stellte klar: „Die UN sind nicht daran interessiert, Blauhelmtruppen zu entsenden.“

Das klingt fast so, als sei der Graben zwischen den skeptischen vier – Frankreich, Russland, Deutschland und China – sowie den USA und ihren Verbündeten, die auf ihr Machtmonopol im Irak bestehen, gar nicht so groß. Doch in der Realität gilt eine Woche vor dem Auftritt des US-Präsidenten George W. Bush vor der UN-Generalversammlung in New York die Verabschiedung einer neuen Irak-Resolution als höchst unwahrscheinlich. Ursprünglich wollte Washington schon vergangenen Montag den zweiten Entwurf seines überarbeiteten Papiers vorlegen, mit dem der Weg zur Beteiligung weiterer Staaten an der Friedenssicherung und der Finanzierung des Wiederaufbaus im besetzten Land geebnet werden soll. Nun heißt es, es könne noch bis Ende der Woche dauern, ehe die neuen Worte gefunden sind.

Auch die Hoffnung, die daueropponierenden Franzosen seien zu Zugeständnissen bereit, zerschlug sich. Der französische US-Botschafter Jean-David Levitte hatte zunächst in einem TV-Interview gesagt, Paris könne sich zunächst auch mit der „symbolischen Übergabe" der Macht an die Iraker zufrieden geben. Das klang überraschend, weil Frankreich bislang einen sehr straffen Zeitplan bis zur politischen Selbstständigkeit gefordert hatte. Und tatsächlich hieß es am nächsten Morgen, Levitte sei falsch wiedergegeben worden. Die Forderungen hätten nach wie vor Bestand. Genau die aber hat US-Außenminister Colin Powell bereits als „völlig unrealistisch" zurückgewiesen.

Ob sich immerhin die Positionen der beiden Vetomächte Frankreich und Großbritannien sowie des derzeitigen Sicherheitsrats-Mitgliedes Deutschland in der Irak-Frage vereinbaren lassen, dürfte sich schon gegen Ende dieser Woche bei einem Dreier-Gipfel im Kanzleramt in Berlin herausstellen. Wie bereits berichtet, wird Bundeskanzler Gerhard Schröder am kommenden Samstag den französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac und den britischen Premierminister Tony Blair treffen.

Nach den Angaben eines Sprechers der Bundesregierung verfolgt die überraschende Dreier-Begegnung das Ziel, „sich auf Gemeinsamkeiten in der Außenpolitik zu verständigen, nachdem es im Vorfeld des Irak-Krieges zu divergierenden Auffassungen gekommen war“. Unklar war offenbar bis zuletzt, ob auch Spaniens Regierungschef José Maria Aznar an dem Treffen teilnehmen würde. Blair will nun Aznar, der im Irak-Krieg auf der Seite Washingtons gestanden hatte, am Sonntag auf seinem Landsitz in Chequers über das Berliner Treffen informieren.

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